Eine wissenschaftliche Arbeit von Timm Kühn, eingereicht am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin, untersucht die Kapitalismuskritik des AfD-Politikers Björn Höcke und deren Einbindung in die völkische Ideologie. Die zentrale These der Arbeit besagt, dass Höckes Diskursbeiträge, trotz ihrer fragmentierten Natur, Teil eines kohärenten ideologischen Systems sind.
Kühn analysiert, wie Höcke in seinen Reden und Schriften emotionalisierende und chaotisch wirkende Elemente kombiniert, um ein dramatisches Bedrohungsszenario zu zeichnen. Dabei verwendet Höcke eine romantisierende Sprache über die Heimat, die er im nächsten Atemzug mit brutalen Begriffen attackiert. Zentrale Themen sind die Bedrohung des deutschen Volkes durch Migration und Universalismus sowie die Ablehnung des neoliberalen Kapitalismus, den er als „Projekt der Völkerauflösung“ darstellt.
Die Arbeit ordnet Höckes Kapitalismuskritik in die Tradition der völkischen Ideologie ein, die einen nationalistischen Antikapitalismus verfolgt. Diese Ideologie kritisiert den Kapitalismus als ausländisches, vor allem jüdisches Finanzkapital, das im Gegensatz zur „produktiven“ nationalen Wirtschaft stehe. Trotz diesem scheinbaren Antikapitalismus betont die völkische Ideologie die Wichtigkeit des Privateigentums und der unternehmerischen Initiative.
Kühn zeigt, dass Höcke diese Ideenelemente übernimmt und adaptiert, indem er wirtschaftliche und soziale Probleme als Folge eines neoliberalen Angriffs auf die nationale Identität darstellt. Höckes „solidarischer Patriotismus“ propagiert eine Wirtschaftspolitik, die auf nationaler Solidarität basiert, jedoch gleichzeitig die Prinzipien der Marktwirtschaft beibehält.
Die Arbeit schließt mit einer Diskussion der Ergebnisse und einem Ausblick auf weitere Forschungsperspektiven, insbesondere die genaue Untersuchung der wirtschaftspolitischen Vorstellungen des völkischen Flügels der AfD.
Kühns Arbeit stellt zweifelsohne einen wertvollen Beitrag zur Forschung über rechtsextreme Ideologien und deren wirtschaftspolitische Ansichten dar. Sie überzeugt durch eine fundierte theoretische Basis und eine klare empirische Herangehensweise. Trotz einiger Schwächen in der Darstellung und kritischen Reflexion bietet die Arbeit wichtige Einblicke in die Kapitalismuskritik von Björn Höcke und deren Einordnung in die völkische Ideologie.
Stärken
- Themenwahl und Relevanz: Die Untersuchung der Kapitalismuskritik innerhalb der rechtsextremen Rhetorik ist ein hochaktuelles und gesellschaftlich relevantes Thema. Kühn wählt dabei den spezifischen Fokus auf Björn Höcke, eine prominente Figur der AfD, was der Arbeit eine klare Zielrichtung gibt.
- Theoretischer Rahmen: Die Arbeit nutzt einen soliden theoretischen Rahmen, der sowohl ideologie- als auch framingtheoretische Ansätze integriert. Die Bezugnahme auf Autoren wie Freeden, Gramsci und Schmitt verleiht der Analyse Tiefe und ermöglicht eine differenzierte Betrachtung der Ideologieentwicklung.
- Methodik: Die methodische Vorgehensweise, insbesondere die Nutzung qualitativer Datenanalyse mit ATLAS.ti, wird klar und nachvollziehbar beschrieben. Dies zeigt eine systematische Herangehensweise und erhöht die wissenschaftliche Transparenz.
- Literaturverortung: Kühn gelingt es, seine Arbeit in den Kontext bestehender Literatur zu stellen. Er zeigt auf, wie seine Analyse in die breitere Diskussion um rechtspopulistische Wirtschaftspolitik und völkische Ideologien eingebettet ist.
- Empirische Grundlage: Die Nutzung von Primärquellen, einschließlich Reden und Veröffentlichungen von Höcke, sowie Sekundärliteratur zur völkischen Ideologie, gibt der Arbeit eine solide empirische Basis. Besonders wertvoll ist die Einbeziehung von Texten, die Höcke unter dem Pseudonym “Landolf Ladig” veröffentlicht haben soll.
Schwächen
- Komplexität der Darstellung: Die Arbeit neigt dazu, in einigen Abschnitten übermäßig komplex und schwer verständlich zu sein. Besonders die theoretischen Ausführungen zu Ideologie und Framing könnten für Leser ohne tiefgehende Vorkenntnisse schwer zugänglich sein.
- Überbetonung der Theorie: Während der theoretische Rahmen klar ausgearbeitet ist, könnte die praktische Anwendung auf Höckes Kapitalismuskritik stärker hervorgehoben werden. Es fehlt teilweise an einer direkten Verknüpfung zwischen Theorie und empirischer Analyse.
- Begrenzte kritische Reflexion: Die kritische Reflexion der eigenen Methodik und die Diskussion möglicher methodischer Schwächen kommen zu kurz. Eine ausführlichere Diskussion darüber, welche methodischen Alternativen möglich gewesen wären und welche Limitationen die gewählte Methode hat, wäre wünschenswert.
- Kontextualisierung innerhalb der AfD: Die Arbeit konzentriert sich stark auf Höcke und seine Aussagen. Eine breitere Kontextualisierung innerhalb der AfD und eine Analyse, wie Höckes Positionen im Vergleich zu anderen Strömungen innerhalb der Partei stehen, könnte die Analyse noch vertiefen.
Die ausführliche Zusammenfassung der Arbeit von Kühn:
- Einleitung
Die Einleitung der Bachelorarbeit von Timm Kühn beginnt mit einer Analyse des politischen Framings, wie es im Dokumentarfilm “Generation Zero” von Stephen K. Bannon verwendet wird. Oliver Thorn kritisiert den Film, weil er emotionalisierte Bilder und absolute Imperative verwendet, um das Publikum in einen Zustand ständiger Panik zu versetzen und kritisches Denken zu unterdrücken. Diese Strategie, so Thorn, ist typisch für die radikale Rechte und wird auch von Björn Höcke, einem führenden Mitglied der Alternative für Deutschland (AfD), verwendet.
Höcke nutzt in seinen Reden ähnliche Techniken, indem er hochemotionale Sprache und chaotische Themenverknüpfungen einsetzt, um seine Zuhörer in Alarmbereitschaft zu versetzen. Seine Reden sind geprägt von apokalyptischen Szenarien wie dem drohenden “Volkstod” und einer angeblichen “ethnischen Säuberung” durch den Neoliberalismus.
Die zentrale These der Arbeit ist, dass Höckes Diskursbeiträge keine zufälligen Ideensplitter sind, sondern Elemente einer kohärenten Ideologie, die systematisch analysiert werden kann. Kühn möchte diese Elemente ordnen und Höckes Weltbild strukturiert darstellen. Der Schwerpunkt liegt auf Höckes Kapitalismuskritik, da er als zentrale Figur des rechtsextremen Flügels der AfD gilt, einer innerparteilichen Gruppierung, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft wird.
Höcke inszeniert sich als Globalisierungskritiker und Antikapitalist, wobei er den Neoliberalismus als Projekt zur Zerstörung der Völker beschreibt. Seine Kritik am Kapitalismus erinnert an den Nationalsozialismus, der den Kapitalismus ebenfalls als Bedrohung sah. Die Arbeit zielt darauf ab, Höckes Kapitalismuskritik in die Tradition der völkischen Ideologie einzuordnen und sie mit dieser zu kontrastieren.
Kühn stellt fest, dass rechtspopulistische Parteien wie die AfD zunehmend staatsinterventionistische Policies annehmen, was im Widerspruch zur neoliberalen Ideologie steht. Er argumentiert, dass die wirtschaftspolitischen Auffassungen des völkischen Flügels der AfD eine umfassende Analyse verdienen, um ihr ideologisches Fundament und ihre historischen Wurzeln zu verstehen. Ziel der Arbeit ist es, Höckes Kapitalismuskritik als Teil der völkischen Ideologietradition zu verorten und zu analysieren, wie sie sich von anderen rechtsextremen und rechtspopulistischen Wirtschaftsideologien unterscheidet.
Die Kapitalismuskritik Björn Höckes in ihrer Beziehung zur völkischen Ideologie, Seite 1-3.
- Verortung der Arbeit in der weiteren Literaturdiskussion
Die Arbeit von Timm Kühn positioniert sich in der aktuellen Diskussion über die wirtschaftspolitische Ausrichtung rechtspopulistischer Parteien, insbesondere der AfD. Häufig wird die AfD als rechtspopulistische neoliberalistische Partei beschrieben, die Elemente des deutschen Ordoliberalismus mit nationalistischer Identitätspolitik verbindet. Diese Verbindung führt zu einer wirtschaftspolitischen Position, die soziale Unterschiede ethnisch und kulturell erklärt, statt ökonomisch.
Wissenschaftler wie Bebnowski und Förster (2014) bezeichnen dies als „Wettbewerbspopulismus“, bei dem wirtschaftlich erfolgreiche Nationen kulturell aufgewertet und andere abgewertet werden. Diese These erklärt die Radikalisierung der AfD von einer neoliberalen Partei zu einer, die auch völkische Ideologien integriert, nicht als Zufall, sondern als einen von den wirtschaftsliberalen Kräften selbst initiierten Prozess.
Die Arbeit hinterfragt auch, ob Neoliberalismus eine notwendige Bedingung für rechtspopulistische Parteien ist, da viele wie die Front National oder die ungarische Fidesz staatsinterventionistische Policies verfolgen. Kühn schlägt vor, Höckes Kapitalismuskritik aus der Ideologiegeschichte der völkischen Kapitalismuskritik zu analysieren, statt sie ausschließlich durch die Linse der Populismus-Literatur zu betrachten. Dies soll zeigen, wie Höckes wirtschaftspolitische Vorstellungen in der Tradition der völkischen Ideologie stehen und sich von anderen rechtspopulistischen Parteien unterscheiden.
Kühn kritisiert zudem die Tendenz, die AfD-Kapitalismuskritik entweder als bloße Demagogie oder als Zeichen einer linken Wendung zu verstehen. Stattdessen betont er, dass diese Kritik durchweg völkisch und rechtsextrem ist, nicht links.
Für eine tiefere Analyse wird die Arbeit Höckes Diskursbeiträge qualitativ auswerten und sie in den Kontext der völkischen Kapitalismuskritik stellen, um zu zeigen, wie diese Elemente zu einem kohärenten ideologischen System verbunden werden können.
Die Kapitalismuskritik Björn Höckes in ihrer Beziehung zur völkischen Ideologie, Seite 3-7
- Der Ideologiebegriff und seine Beziehung zum Framingprozess
In diesem Abschnitt definiert Kühn den Begriff der Ideologie und erläutert dessen Relevanz für den Framingprozess. Ideologie wird als kohärentes System von Überzeugungen und Werten verstanden, das die Wahrnehmung und Interpretation der sozialen Welt strukturiert. Sie liefert einen Rahmen für die Deutung politischer und gesellschaftlicher Ereignisse und Entwicklungen.
Framing ist der Prozess, durch den bestimmte Aspekte der Realität hervorgehoben und andere ausgeblendet werden, um eine spezifische Interpretation oder Bewertung zu fördern. Ideologien beeinflussen diesen Prozess maßgeblich, indem sie die verfügbaren Frames vorstrukturieren und die Auswahl und Gewichtung von Informationen lenken. Durch Framing können politische Akteure ihre ideologischen Botschaften verstärken und ihre Zielgruppen emotional mobilisieren.
Kühn analysiert die Rhetorik von Björn Höcke und zeigt, wie dieser ideologische Frames nutzt, um seine völkischen und antikapitalistischen Botschaften zu vermitteln. Höckes Reden sind durchzogen von apokalyptischen Szenarien und Verschwörungstheorien, die Ängste schüren und eine Polarisierung der Gesellschaft befördern. Diese Strategien dienen dazu, eine geschlossene ideologische Weltanschauung zu vermitteln und Anhänger zu mobilisieren.
Insgesamt zeigt Kühn, wie Ideologie und Framing in Höckes Diskurs ineinandergreifen und sich gegenseitig verstärken. Durch die gezielte Nutzung ideologischer Frames gelingt es Höcke, seine politische Agenda effektiv zu kommunizieren und seine Anhängerschaft zu binden.
Die Kapitalismuskritik Björn Höckes in ihrer Beziehung zur völkischen Ideologie, Seite 7-11
- Methodisches Vorgehen
In diesem Abschnitt beschreibt Kühn das methodische Vorgehen seiner Untersuchung. Die Arbeit verwendet eine qualitative Inhaltsanalyse, um die Reden und Schriften von Björn Höcke systematisch zu untersuchen. Diese Methode erlaubt es, die ideologischen Muster und rhetorischen Strategien in Höckes Diskursen herauszuarbeiten.
Kühn erläutert, dass er eine deduktive Herangehensweise gewählt hat, bei der theoretische Konzepte und Kategorien aus der Literatur zur völkischen Ideologie und rechtspopulistischen Kapitalismuskritik auf das empirische Material angewendet werden. Dies ermöglicht eine strukturierte Analyse und eine Einordnung von Höckes Aussagen in einen größeren ideologischen Kontext.
Der Analyseprozess umfasst mehrere Schritte: Zunächst werden relevante Reden und Texte gesammelt und inhaltlich kodiert. Anschließend erfolgt eine detaillierte Auswertung der kodierten Abschnitte, um wiederkehrende Themen und Argumentationsmuster zu identifizieren. Kühn nutzt hierbei auch den Ansatz des „Framing“, um zu untersuchen, wie Höcke bestimmte Themen rahmt und welche Bedeutung diesen zugeschrieben wird.
Zum Abschluss betont Kühn die Bedeutung der methodischen Reflexion und der Berücksichtigung möglicher Verzerrungen. Er diskutiert die Herausforderungen und Grenzen der qualitativen Inhaltsanalyse, insbesondere in Bezug auf die Subjektivität der Interpretation und die Auswahl der Analysekategorien.
Die Kapitalismuskritik Björn Höckes in ihrer Beziehung zur völkischen Ideologie, Seite 11-13
- Die Kapitalismuskritik in der völkischen Ideologie
5.1 Die völkische Volkskonzeption
Kühn untersucht die völkische Konzeption des Volkes, die im Zentrum der völkischen Ideologie steht. Diese Konzeption basiert auf der Vorstellung einer homogenen, ethnisch definierten Gemeinschaft, die durch gemeinsame Abstammung, Kultur und Geschichte verbunden ist. Das völkische Denken stellt das Volk als eine organische Einheit dar, die durch äußere und innere Feinde bedroht wird.
Das Volk wird als höchste politische und gesellschaftliche Instanz gesehen, wobei individuelle Interessen und Rechte denen des Volkes untergeordnet werden. Diese Volkskonzeption ist eng mit dem Nationalismus verbunden, der auf die Erhaltung und Stärkung der völkischen Gemeinschaft abzielt. Kühn betont, dass diese Ideologie in scharfer Abgrenzung zu liberalen und pluralistischen Gesellschaftsmodellen steht, die Vielfalt und individuelle Freiheit betonen.
Durch die Analyse der völkischen Volkskonzeption zeigt Kühn, wie diese ideologische Grundlage die politische Strategie und Rhetorik von Akteuren wie Björn Höcke prägt. Höcke und andere Vertreter der völkischen Bewegung nutzen diese Konzeption, um ihre politischen Forderungen zu legitimieren und ihre Anhängerschaft zu mobilisieren.
Die Kapitalismuskritik Björn Höckes in ihrer Beziehung zur völkischen Ideologie, Seite 14-16
5.2 Der völkische Antiuniversalismus als allgemeine Krisendiagnose
Kühn erläutert, wie der völkische Antiuniversalismus als grundlegende Krisendiagnose fungiert. Der völkische Diskurs lehnt universelle Werte wie Gleichheit und Menschenrechte ab und betrachtet sie als Bedrohung für die ethnisch homogene Gemeinschaft. Diese Ideologie sieht den Universalismus als Ursache für die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Krisen der Gegenwart.
Der völkische Antiuniversalismus postuliert, dass globalistische Eliten und ihre universalistischen Ideologien darauf abzielen, die völkischen Gemeinschaften zu zerstören. Diese Eliten werden als Hauptverursacher der Globalisierung und des Neoliberalismus dargestellt, die beide als Mittel zur Unterdrückung und Auflösung der ethnischen Identität gesehen werden.
Kühn betont, dass diese Krisendiagnose genutzt wird, um politische Mobilisierung zu erreichen und um die Forderung nach einer Rückbesinnung auf nationale und ethnische Identitäten zu legitimieren. Diese Sichtweise verknüpft ökonomische und kulturelle Kritik und schafft so eine umfassende Ideologie, die sich gegen die Moderne richtet.
Die Kapitalismuskritik Björn Höckes in ihrer Beziehung zur völkischen Ideologie, Seite 16-20.
5.3 Der Kapitalismus als ausländisches Finanzkapital
In diesem Abschnitt untersucht Kühn, wie der völkische Diskurs Kapitalismus als eine Form des ausländischen Finanzkapitals darstellt. Dieser Ansatz geht davon aus, dass der Kapitalismus nicht als wirtschaftliches System, sondern als Mittel zur Unterdrückung der völkischen Gemeinschaften durch ausländische Mächte gesehen wird. Der Kapitalismus wird hierbei als Instrument globaler Eliten dargestellt, die den Nationalstaat destabilisieren und die ethnische Homogenität der Bevölkerung bedrohen.
Diese Vorstellung baut auf antijüdischen Stereotypen und Verschwörungstheorien auf, die seit dem 19. Jahrhundert in der völkischen Bewegung verbreitet sind. Das Bild des „raffenden Kapitals“, das von internationalen, meist jüdischen Finanzeliten kontrolliert wird, steht im Gegensatz zum „schaffenden Kapital“, das als national und produktiv betrachtet wird.
Höcke und andere völkische Akteure nutzen diese Rhetorik, um eine dichotome Weltanschauung zu propagieren, in der das nationale Volk gegen die Bedrohung durch das internationale Finanzkapital verteidigt werden muss. Diese Argumentation dient dazu, sowohl wirtschaftliche Missstände als auch soziale Ungleichheiten auf externe Feinde zu projizieren und eine völkische Wirtschaftspolitik zu legitimieren.
Die Kapitalismuskritik Björn Höckes in ihrer Beziehung zur völkischen Ideologie, Seite 20-24.
5.4 Die völkische Wirtschafts- und Sozialpolitik
In diesem Abschnitt analysiert der Autor die völkische Wirtschafts- und Sozialpolitik, die auf einer Ablehnung des globalen Kapitalismus und einer Rückbesinnung auf nationale und ethnische Werte basiert. Diese Politik fördert eine wirtschaftliche Autarkie, die darauf abzielt, die nationale Wirtschaft zu stärken und von internationalen Märkten unabhängig zu machen.
Es wird betont, dass die völkische Ideologie soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Sicherheit für die ethnisch definierte Gemeinschaft sicherstellen will. Dies beinhaltet Maßnahmen wie staatliche Eingriffe zur Unterstützung der einheimischen Landwirtschaft und des Mittelstands sowie eine restriktive Einwanderungspolitik, um die nationale Identität zu schützen.
Kühn zeigt auf, dass diese Wirtschafts- und Sozialpolitik stark von antikapitalistischen und antiliberalen Vorstellungen geprägt ist. Sie richtet sich gegen das, was als Ausbeutung durch internationales Finanzkapital wahrgenommen wird, und versucht, eine nationale Wirtschaft zu schaffen, die den völkischen Gemeinschaften zugutekommt.
Die Kapitalismuskritik Björn Höckes in ihrer Beziehung zur völkischen Ideologie, Seite 24-28.
5.5 Die völkische Außenwirtschaft im sozialdarwinistischen Überlebenskampf
Timm Kühn untersucht nun, wie die völkische Ideologie die Außenwirtschaft im Kontext eines sozialdarwinistischen Überlebenskampfes interpretiert. Diese Perspektive betrachtet internationale wirtschaftliche Beziehungen als einen ständigen Kampf um das Überleben der eigenen Nation. Dabei wird die Außenwirtschaftspolitik als Mittel gesehen, um die nationale Souveränität zu bewahren und die völkische Gemeinschaft vor externen Bedrohungen zu schützen.
Die völkische Ideologie betont, dass der internationale Handel und die wirtschaftliche Globalisierung oft als Instrumente genutzt werden, um die völkischen Gemeinschaften zu schwächen. Stattdessen wird eine protektionistische Wirtschaftspolitik befürwortet, die darauf abzielt, die heimische Wirtschaft zu stärken und sich von globalen Marktzwängen zu befreien. Dieser Ansatz wird durch eine stark nationalistische Rhetorik unterstützt, die die Bedeutung des wirtschaftlichen Selbstschutzes und der Autarkie hervorhebt.
Kühn erklärt, dass diese Sichtweise auf einer sozialdarwinistischen Weltsicht basiert, die internationale Beziehungen als Kampf ums Überleben interpretiert, bei dem nur die stärksten Nationen bestehen können. Diese Ideologie fordert daher eine aggressive Wirtschaftspolitik, die darauf abzielt, die nationale Wirtschaft zu schützen und auszubauen, um im globalen Wettbewerb zu überleben.
Insgesamt zeigt der Abschnitt, wie die völkische Außenwirtschaftspolitik von einer nationalistischen und protektionistischen Ideologie geprägt ist, die die Globalisierung und internationale wirtschaftliche Kooperation als Bedrohung für die nationale Identität und Souveränität betrachtet.
Die Kapitalismuskritik Björn Höckes in ihrer Beziehung zur völkischen Ideologie, Seite 28-30.
- Die Kapitalismuskritik Björn Höckes
6.1 Der von Höcke verwendete Volksbegriff
Kühn beschäftigt sich mit dem von Björn Höcke verwendeten Begriff des Volkes, der zentral in dessen politischer Ideologie ist. Höckes Volksbegriff ist stark ethnisch geprägt und basiert auf einer homogenen, völkisch definierten Gemeinschaft. Diese Gemeinschaft wird als durch gemeinsame Abstammung, Kultur und Geschichte verbunden betrachtet und steht im Gegensatz zu liberalen und pluralistischen Gesellschaftskonzepten.
Höckes Rhetorik betont die Bedrohung des Volkes durch Globalisierung und Multikulturalismus, welche als Mittel zur Zerstörung der völkischen Identität dargestellt werden. Diese Bedrohungen werden genutzt, um eine Politik zu rechtfertigen, die auf Abschottung und Schutz der ethnischen Homogenität abzielt.
Kühn zeigt auf, dass Höcke den Volksbegriff nutzt, um politische und soziale Spannungen zu verschärfen und die Anhängerschaft zu mobilisieren. Dieser Begriff dient als ideologisches Fundament für Höckes antikapitalistische und nationalistische Agenda, die in der völkischen Ideologie verankert ist.
Die Kapitalismuskritik Björn Höckes in ihrer Beziehung zur völkischen Ideologie, Seite 31-34.
6.2 Krisendiagnose: Das durch Migration und Universalismus bedrohte Volk
6.2.1 Die „Invasion“ Europas durch Migration
In diesem Abschnitt analysiert Timm Kühn, wie Björn Höcke die Migration nach Europa als „Invasion“ darstellt, um Ängste und Abwehrreaktionen in der Bevölkerung zu schüren. Höcke verwendet diese Rhetorik, um Migration als existenzielle Bedrohung für die ethnische und kulturelle Identität der völkischen Gemeinschaft zu präsentieren. Er beschreibt Migranten oft als aggressive Eindringlinge, die die soziale und wirtschaftliche Stabilität Europas gefährden.
Diese Darstellung dient dazu, ein Bedrohungsszenario zu konstruieren, das die Notwendigkeit von drastischen Maßnahmen zur Sicherung der nationalen Grenzen und der kulturellen Homogenität rechtfertigt. Höcke setzt dabei auf eine stark emotionalisierte Sprache, die die Migration als bewusste Strategie zur Zerstörung der europäischen Völker durch internationale Eliten interpretiert. Dadurch will er eine breite Zustimmung für restriktive und protektionistische Politiken gewinnen.
Kühn zeigt, dass diese Rhetorik tief in der völkischen Ideologie verwurzelt ist und den Diskurs über Migration stark polarisiert. Diese Ideologie sieht Migration nicht als soziale oder wirtschaftliche Herausforderung, sondern als Teil eines umfassenden Angriffes auf die nationale Identität und Souveränität.
Die Kapitalismuskritik Björn Höckes in ihrer Beziehung zur völkischen Ideologie, Seite 34-37.
6.2.2 Universalismus: Die „Auflösung aller Dinge“
Nun analysiert Kühn, wie Björn Höcke den Universalismus als Bedrohung für die völkische Gemeinschaft darstellt. Höcke sieht den Universalismus, der auf universellen Menschenrechten und Gleichheit basiert, als eine Ideologie, die alle kulturellen und ethnischen Unterschiede auflösen will. Er beschreibt dies als „Auflösung aller Dinge“, was zu einem Verlust der Identität und Kultur führt.
Höcke nutzt diese Darstellung, um gegen die Globalisierung und die damit verbundene Vermischung von Kulturen zu argumentieren. Der Universalismus wird als Instrument der globalen Eliten gesehen, um die nationale Souveränität und die ethnische Homogenität zu untergraben. Diese Ideologie führt laut Höcke zu einer Entwurzelung der Menschen und einer Zerstörung der völkischen Gemeinschaft.
Kühn zeigt, dass Höcke den Universalismus als Hauptursache für die Krisen der modernen Gesellschaft betrachtet. Diese Sichtweise dient dazu, politische Maßnahmen zu rechtfertigen, die auf die Wiederherstellung und den Schutz der nationalen Identität abzielen.
Die Kapitalismuskritik Björn Höckes in ihrer Beziehung zur völkischen Ideologie, Seite 37-40.
6.3 Der neoliberale Kapitalismus als Projekt der Völkerauflösung
Der Autor befasst sich anschließend damit, wie Björn Höcke den neoliberalen Kapitalismus als ein Projekt darstellt, das auf die Auflösung der Völker abzielt. Höcke sieht den Neoliberalismus nicht nur als eine wirtschaftliche Ideologie, sondern als eine Bedrohung für die ethnische und kulturelle Homogenität der Völker. Er argumentiert, dass der Neoliberalismus die Nationalstaaten schwächt und die globalen Eliten stärkt, die ein Interesse daran haben, die völkischen Identitäten zu zerstören.
Höcke behauptet, dass der neoliberale Kapitalismus zur Masseneinwanderung und zur Multikulturalisierung der Gesellschaft führt, was wiederum die völkischen Gemeinschaften unterminiert. Diese Ansicht verbindet wirtschaftliche Kritik mit einer tiefen Abneigung gegen Globalisierung und Internationalismus. Höcke nutzt diese Perspektive, um seine Forderungen nach einer wirtschaftlichen und kulturellen Re-Nationalisierung zu untermauern und den Schutz der nationalen Souveränität und Identität zu fordern.
Kühn zeigt auf, dass diese Darstellung des Neoliberalismus als Bedrohung für die völkische Gemeinschaft ein zentrales Element von Höckes Ideologie ist. Diese Sichtweise dient dazu, die Ablehnung der globalen Wirtschaftsordnung zu legitimieren und eine Rückkehr zu nationalen und ethnisch homogenen Gesellschaftsstrukturen zu propagieren.
Die Kapitalismuskritik Björn Höckes in ihrer Beziehung zur völkischen Ideologie, Seite 40-44.
6.4 Wirtschafts- und Sozialpolitik: Der „solidarische Patriotismus“
6.4.1 …auf der Ebene konkreter Wirtschaftspolicies
Kühn untersucht hier die konkreten Wirtschaftspolitiken, die Björn Höcke im Rahmen seines Konzepts des „solidarischen Patriotismus“ vorschlägt. Höcke propagiert eine Wirtschaftspolitik, die stark von staatlichen Eingriffen geprägt ist und sich gegen die neoliberale Globalisierung richtet. Er fordert Maßnahmen, die die heimische Wirtschaft stärken und Arbeitsplätze sichern sollen, etwa durch Protektionismus und Unterstützung des Mittelstands.
Höcke setzt sich für eine Stärkung der sozialen Sicherungssysteme ein, um die nationale Gemeinschaft zu fördern und soziale Ungleichheit zu verringern. Diese Politik ist darauf ausgerichtet, die ökonomischen Interessen der „deutschen Volksgemeinschaft“ zu schützen und auszubauen.
Kühn zeigt auf, dass Höckes wirtschaftspolitische Vorschläge eine Mischung aus konservativen und sozialstaatlichen Elementen darstellen, die darauf abzielen, eine national orientierte Wirtschaft zu schaffen, die sich gegen die Einflüsse der Globalisierung abschottet. Diese Politik soll den sozialen Zusammenhalt stärken und die nationale Souveränität bewahren.
Die Kapitalismuskritik Björn Höckes in ihrer Beziehung zur völkischen Ideologie, Seite 44-47.
6.4.2 …in seiner utopischen Konzeption
In diesem Abschnitt beschreibt der Autor die utopische Konzeption von Björn Höckes „solidarischem Patriotismus“. Höcke stellt sich eine ideale Gesellschaft vor, in der nationale Solidarität und soziale Gerechtigkeit Hand in Hand gehen. Diese Vision beinhaltet eine starke Betonung auf Gemeinschaftswerte, die durch staatliche Maßnahmen gefördert werden sollen, um soziale Ungleichheiten zu verringern und die nationale Einheit zu stärken.
Höckes utopische Vorstellung betont die Wichtigkeit eines homogenen, ethnisch definierten Volkes, das durch gemeinsame kulturelle und historische Werte verbunden ist. Diese Gemeinschaft wird durch eine Wirtschaftspolitik unterstützt, die nationale Interessen priorisiert und sich gegen die Einflüsse der Globalisierung abschottet. In dieser idealisierten Gesellschaft wird der Staat eine zentrale Rolle spielen, indem er die Wirtschaft reguliert und soziale Programme zur Unterstützung der Bürger implementiert.
Kühn zeigt, dass diese utopische Konzeption stark von völkischen Idealen geprägt ist und eine klare Abgrenzung zu liberalen und kosmopolitischen Modellen der Gesellschaft darstellt. Höckes Vision zielt darauf ab, eine Gesellschaft zu schaffen, die auf nationaler Souveränität und ethnischer Homogenität basiert und soziale Gerechtigkeit innerhalb dieser Grenzen verwirklicht.
Die Kapitalismuskritik Björn Höckes in ihrer Beziehung zur völkischen Ideologie, Seite 47-50.
6.5 Außenwirtschaft: Deutschland als Hegemonialmacht im Großraum Europa
Kühn untersucht auf den folgenden Seiten, wie Björn Höcke die Rolle Deutschlands als Hegemonialmacht im europäischen Wirtschaftsraum konzipiert. Höcke strebt an, dass Deutschland eine dominante Position innerhalb Europas einnimmt, um seine wirtschaftlichen und politischen Interessen durchzusetzen. Diese Vorstellung basiert auf einer Kombination aus wirtschaftlichem Protektionismus und einer aggressiven Außenwirtschaftspolitik.
Höcke sieht Deutschland als natürlichen Führer eines europäischen Großraums, der gegen die Bedrohungen der Globalisierung und der Einflüsse von Nicht-EU-Staaten geschützt werden muss. Seine Vision beinhaltet eine wirtschaftliche Reorganisation Europas unter deutscher Führung, die darauf abzielt, die nationale Souveränität und wirtschaftliche Autarkie zu stärken.
Kühn zeigt auf, dass Höckes Ansatz stark von völkischen Idealen und einem sozialdarwinistischen Verständnis der internationalen Beziehungen geprägt ist. Diese Hegemonialpolitik wird als Mittel zur Sicherung der ethnischen Homogenität und der wirtschaftlichen Stabilität Deutschlands dargestellt.
Die Kapitalismuskritik Björn Höckes in ihrer Beziehung zur völkischen Ideologie, Seite 50-53.
- Diskussion der Ergebnisse und Ausblick
In Kapitel 7 fasst der Autor die Ergebnisse seiner Analyse der Kapitalismuskritik von Björn Höcke zusammen und gibt einen Ausblick auf mögliche zukünftige Entwicklungen.
Diskussion der Ergebnisse:
- Ideologische Kohärenz: Höckes Kapitalismuskritik ist tief in der völkischen Ideologie verwurzelt. Seine Kritik an der Globalisierung und dem Neoliberalismus dient dazu, die ethnische Homogenität und nationale Souveränität zu verteidigen.
- Wirtschaftspolitische Vorschläge: Höcke propagiert eine Mischung aus protektionistischen und sozialstaatlichen Maßnahmen, um die deutsche Volksgemeinschaft zu stärken.
- Rolle Deutschlands: Höcke sieht Deutschland als Hegemonialmacht in Europa, die ihre wirtschaftlichen und politischen Interessen durchsetzen muss.
Ausblick:
- Politische Implikationen: Höckes Ideologie könnte die politische Landschaft in Deutschland und Europa weiter polarisieren, insbesondere wenn seine Vorschläge in der Praxis umgesetzt werden.
- Forschungsbedarf: Kühn betont die Notwendigkeit weiterer Forschung zur völkischen Ideologie und ihrer wirtschaftspolitischen Dimensionen, um die langfristigen Auswirkungen auf die Gesellschaft besser zu verstehen.
(Kühn, BA Thesis, Seite 57-64)
Timm Kühn: »Die Kapitalismuskritik Björn Höckes in ihrer Beziehung zur völkischen Ideologie.
Eine Ideologie- und Frameanalyse«, Bachelorarbeit zur Erlangung des akademischen Grades eines
Bachelor of Arts (B.A.), 2020, Freie Universität Berlin, Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft.