CategoryMeinung

»Ossietzky«: Ramelow und die Dialektik des Verschwindens

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Ein Essay zur politischen Selbstverzwergung der Thüringer Linken von Holger Elias, erschienen in der Zweiwochenschrift für Politik, Wirtschaft und Kultur “Ossietzky”, Ausgabe Nummer 14/2025. „Bin ich dabei, die Partei zu verlassen – oder verlässt meine Partei gerade mich?“ – Bodo Ramelow, in seinem Tagebucheintrag vom 18. Juni 2025 Von Anfang an war alles eine Frage des Maßstabs. Doch...

Die Republik als Renditeobjekt

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Markt im Kopf, Armut im Land. Das Phantom der sozialen Marktwirtschaft. Von Holger Elias Die Aktentasche des Kapitals klappert wieder lauter als die Brotdose des Kindes. Während sich BMW-Aktionäre am Münchner Olympiapark Champagner auf die Dividende gießen, wartet ein paar U-Bahn-Stationen weiter ein Neunjähriger darauf, dass die Suppenküche auf- statt zusperrt. »Sozialstaat«, murmeln die Einen...

Schweitzer: »Kann nicht anders formulieren«

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Ein Mann sitzt in einem Fernsehstudio und weiß nicht, wie ihm geschieht. Er redet, als wolle er nicht gehört werden. Er formuliert, als müssten seine Sätze durch einen Parteitagskompromiss, einen Koalitionsausschuss und ein Veto der CSU gleichzeitig. Er ist Bundesvize der SPD. Sein Name: Alexander Schweitzer. Die Kulisse: »Markus Lanz«, ZDF, 9. Juli 2025. Die Rolle: Statist im Stück über die...

Die kalte Verwaltung (+Cast)

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Es beginnt mit einem Cursor. Blinkt, starrt, wartet. Auf Eingaben, die man nicht versteht. Auf Codes, die man nicht kennt. Auf Pflichtfelder, die sich nicht füllen lassen. Wer heute mit dem Staat kommuniziert, tut dies zunehmend nicht mehr mit einem Menschen, sondern mit einer Maske. Einer Eingabemaske, wohlgemerkt – kein Gesicht, kein Gespräch, keine Empathie. Willkommen im Zeitalter der kalten...

»Ossietzky«: Man schießt nicht auf Richter (+cast)

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Die Grenze ist ein Ort der Entscheidung. Juristisch gesehen markiert sie den Übergang von Zuständigkeiten, politisch jedoch ist sie längst zur Projektionsfläche verkommen – für Ängste, für Machtinszenierungen, für die Behauptung einer Ordnung, die sich in ihrer Darstellung selbst genügt. Im Juni 2025 wurde diese Grenze neu gezogen: nicht in Beton oder Stacheldraht, sondern in der juristischen...

Künstlichkeit, Krieg und Kritik

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Teil 1: Wie eine Hochschule in Köln zum politischen Störfall wurde: Eine Zivilklausel als Widerstandsgeste in Zeiten der sicherheitspolitischen Gleichschaltung Es war eine stille Tat mit lauter Wirkung: Am 19. Dezember 2024 beschloss der Senat der Kunsthochschule für Medien Köln (KHM), in ihre Grundordnung eine Zivilklausel aufzunehmen. Ein Satz, ein Absatz, ein Prinzip: »Die Kunsthochschule für...

Der Ausschluss – Eine Demokratie simuliert sich selbst

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Kaum hatte sich Friedrich Merz beim NATO-Gipfel in Brüssel in die Front der bedingungslos Atlantischen eingefädelt – mit einer Loyalitätsrhetorik, die selbst den notorischen Bücklingen früherer Kanzler Konkurrenz machte –, da wurde im Bundestag zur innenpolitischen Disziplinierung geblasen. Während in Brüssel das Bild einer militärisch einheitlich orchestrierten Außenpolitik gezeichnet wurde, in...

Fünf Prozent für Daddy

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Mark Rutte gibt auf dem NATO-Gipfel den Verteidigungsfürsten im Windschatten von Donald Trump. Seine Reden offenbaren eine Rhetorik der Anpassung, durchsetzt von Euphemismen, devoten Loyalitätsformeln und einem neuen Ton militärischer Selbstverständlichkeit. Eine Analyse des verbalen Schulterschlusses mit Washington – im Namen der Abschreckung. »Daddy«, sagte Rutte. Und meinte Trump. Auf der...

Merz: Ein Kanzler im Kriegston

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Am 17. Juni 2025 spricht Bundeskanzler Friedrich Merz im ZDF über die Eskalation im Nahen Osten – und benutzt dabei einen Ausdruck, der aufhorchen lässt: Israel mache die »Drecksarbeit« (…) »für uns alle«. In diesem Artikel unterziehe ich die Aussagen des Kanzlers einer Analyse. Es geht nicht nur um Worte, sondern um das Denken dahinter: um sicherheitspolitische Dogmen, moralische Rahmungen...

Die Banalisierung des Gehorsams

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„Ein Mensch, der sich beugt, richtet selten etwas auf.“– Kurt Tucholsky Ein Mann mit Brille, grauem Anzug und einem Hang zur Pünktlichkeit sitzt in einem Glaskasten. Die Weltöffentlichkeit nennt ihn einen Massenmörder. Er selbst nennt sich: pflichtbewusst. Was Hannah Arendt 1961 im Prozess gegen Adolf Eichmann beobachtete, war keine Bestie. Es war ein Beamter. Er sprach wie ein Formular, handelte...

Die Pose der Ordnung und das Verschwinden der Debatte

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Im Deutschen Bundestag wird gestritten, gelegentlich geschrien, mitunter geschnauft – und ab und an auch gedacht. Es ist der Ort, an dem Politik ihre ritualisierte Form erhält, das Theater der Demokratie, in dem nicht nur Entscheidungen gefällt, sondern auch Bedeutungen produziert werden. Am 5. Juni 2025 jedoch wurde nicht über Gaza gestritten, sondern über einen Pullover. Cansin Köktürk, neu...

Attentat auf Trump: Die USA am Scheideweg

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Die politische Landschaft der USA wurde am vergangenen Wochenende erneut von einem dramatischen Ereignis erschüttert: Ein Attentat auf den ehemaligen Präsidenten Donald Trump während einer Wahlkampfveranstaltung in Butler, Pennsylvania. Ein 20-jähriger Mann eröffnete das Feuer auf Trump und traf ihn an seinem oberen rechten Ohr. Obwohl Trump nicht schwer verletzt wurde, forderte der Vorfall ein...

Retter der Nation oder Architekten der Polarisierung?

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Es war einmal, in einem Land nicht so weit von hier, wo das Ethos des deutschen Qualitätsjournalismus einst hochgehalten wurde wie ein Leuchtturm in stürmischen Zeiten. Doch wie die legendäre Titanic, die ihren unsinkbaren Anspruch gegen den unbarmherzigen Eisberg verlor, scheint auch das deutsche Leitmedium in den unruhigen Gewässern der Gegenwart an Fahrt zu verlieren. Heute sind Schlagzeilen...

“Wow!” – über die Schwafelei von Lanz und Precht

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Es ist schon ein bemerkenswertes Schauspiel, das Markus Lanz und Richard David Precht in ihrem Podcast bieten. Zwei selbsternannte Intellektuelle, die sich in ihrem Elfenbeinturm der öffentlich-rechtlichen Medien gemütlich eingerichtet haben, finden immer wieder neue Wege, um durch ihre vermeintliche Weisheit zu beeindrucken. Ihr neuester Coup? Einen Profifußballer wie Toni Kroos in die...

Die Aktualität von Mühsams Werk heute

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Erich Mühsams Werk "Befreiung der Gesellschaft vom Staat" aus dem Jahr 1932 ist ein leidenschaftliches Plädoyer für den kommunistischen Anarchismus und eine radikale Kritik an den zentralistischen und autoritären Strukturen des Staates und des Kapitalismus. Doch welche Relevanz hat dieses Werk in der heutigen Zeit, in einer Welt, die sich in vielerlei Hinsicht drastisch von derjenigen...

Mühsam und die “Befreiung der Gesellschaft vom Staat”

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Erich Mühsams Werk "Befreiung der Gesellschaft vom Staat" stellt eine tiefgründige und leidenschaftliche Kritik am staatlichen System und dem Kapitalismus dar. Der kommunistische Anarchist plädiert für eine Gesellschaft, die frei von zentraler Autorität und staatlicher Kontrolle ist, in der individuelle Freiheit und Selbstverantwortung im Vordergrund stehen. In einer Zeit, in der die politische...

Zwischen Pest und Cholera: Mühsams Wahlkritik und Thüringen

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Erich Mühsams "Humbug der Wahlen" ist ein aufrüttelnder Text, der die Illusionen des parlamentarischen Systems entlarvt. Angesichts der Landtagswahlen in Thüringen erinnert er uns daran, dass echte Veränderung nicht durch die Wahl zwischen "Pest und Cholera" erreicht wird, sondern durch die radikale Infragestellung und Umgestaltung des gesamten Systems. Für ein politisch interessiertes Publikum...

Sich fügen heißt lügen: Erinnerungen an Erich Mühsam

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Erich Mühsam wurde vor 90 Jahren, in der Nacht zum 10. Juli 1934, im KZ Oranienburg durch die SS hingerichtet. Sein Tod wurde im nationalsozialistischen Deutschland als "Selbstmord" ausgegeben, doch die Wahrheit war ein grausamer Mord. Mühsam, der für eine freie und herrschaftslose Gesellschaft kämpfte, wurde zu einem der ersten prominenten Opfer des NS-Regimes. Seine Ermordung lenkte...

Öffentlichkeit und Kritik: Perspektiven für die digitale Ära

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Der wissenschaftliche Aufsatz »Between (Conceptual) Crisis and Critique: Reclaiming the Critical Epistemic Value of Publicness« von Slavko Splichal, veröffentlicht in der Zeitschrift Critical Sociology (Vol. 50, 2024), widmet sich der Untersuchung der epistemischen Bedeutung von Öffentlichkeit und öffentlicher Meinung im digitalen Zeitalter. Splichal, Professor an der Universität Ljubljana...

Lea Ypi: Freiheit und Moral im Sozialismus

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In einem Interview mit dem Sender »Deutschlandfunk Kultur« spricht die politische Philosophin und Publizistin Lea Ypi über die Idee des »moralischen Sozialismus«, ein Konzept, das sie im Rahmen ihrer diesjährigen »Benjamin Lectures« (19. bis 21.6.24) in Berlin vorstellt. Ypi, bekannt für ihre Werke und Vorträge, verbindet Aufklärung und Marxismus und plädiert für eine tiefgreifende moralische...

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