Manche Dinge, die geschehen, kann man sich nicht ausdenken. Diese Bosbachs liefern derzeit ein klassisches Lehrstück, wie es ein kommerziell durchtriebener, karrieregeiler Regisseur eines privaten Senders nicht besser hätte inszenieren können. Nun ein satirisches Loblieb auf die Politik-Eliten, die seinerzeit den Anschluss verpassten, als es mit Corona-Masken noch saftige Nebeneinkünfte zu erzielen gab. Denn, so erinnern wir uns an die Weisheiten unserer Vorfahren, Kleinscheiß macht schließlich auch Mist. Es dauert nur ein bisschen länger.

Im rheinisch-bergischen CDU-Familienbetrieb Bosbach wird man mit dem Rechnen offenbar etwas legerer großgezogen – zumindest wenn es um den Eigenbedarf geht. Während Vater Wolfgang noch als eiserner Kassenwart der „Inneren Sicherheit“ durch Talkshows mäanderte und sich für die Obergrenze der Zuwanderung stark machte, hätte der Tochter ein Besuch bei der Obergrenze für Bargeldtransaktionen möglicherweise gutgetan. 2.500 Euro wanderten da über Umwege in die private Haushaltskasse von Caroline Bosbach – in bar, versteht sich, denn Vertrauen ist die konservative Währung der Zukunft.
Was sich zunächst liest wie eine vergessene Passage aus dem CDU-Finanzbericht 1983, trägt sich im Jahr 2025 zu. Ausgerechnet jene Partei, die mit der Präzision eines Finanzamtsformulars das Bürgergeld sezieren möchte, scheint im eigenen Kreishaus mit barer Hand zu wirtschaften. Der Unterschied: In diesem Fall meldet sich das Finanzamt nicht, sondern der Kurier – mit Selbstanzeige und eidesstattlicher Versicherung.
Der Skandal kommt nicht etwa durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss ans Licht, sondern durch ein beinahe rührendes Geständnis aus der zweiten Reihe: Ein CDU-Mitarbeiter beichtet, eine Scheinrechnung für Wahlkampfleistungen über 2.500 Euro ausgestellt und das Geld anschließend persönlich bei Frau Bosbach in Bergisch Gladbach abgeliefert zu haben. Nicht im Abgeordnetenbüro, nicht beim Notar, sondern in der privaten Wohnung – der CDU, ganz nah.
Caroline Bosbach bestreitet selbstverständlich alles – ein urkonservativer Reflex, gleichsam Erbe wie Erziehung. Über ihren Anwalt lässt sie mitteilen, sie habe der Partei sogar noch Geld geschenkt, in Form nie eingereichter Wahlkampfauslagen. Die CDU stehe also netto auf der Habenseite. Wie großzügig. Dass sie das Geld dann trotzdem annahm – für was eigentlich? – bleibt ein Mysterium zwischen Wohnzimmer und Parteizentrale. Vielleicht war es nur ein kleiner Barzuschuss zur Pflege konservativer Tugenden. Oder zur Anschaffung einer zweiten Geldbörse, damit sich Wahlkampf und Wohngeld nicht vermischen.
Noch schöner wird es, wenn man sich anschaut, wie die CDU darauf reagiert. Dem Geldboten wurde umgehend fristlos gekündigt – offenbar hatte er vergessen, den baren Segen diskret zu schweigen. Die Bosbach hingegen bleibt Abgeordnete. Sie wurde ja direkt gewählt, mit über 40 Prozent – das ist in CDU-Rechnungsführung ein Blankoscheck.
Dass sich die Tochter eines Polit-Veteranen, der sich sonst gerne an Recht und Ordnung abarbeitet, nun in den Grauzonen der Parteienfinanzierung aufhält, ist an Ironie kaum zu überbieten. Doch in einer Partei, die Schwarzgeld nicht nur als Farbcode, sondern auch als Geschäftsmodell kennt, ist das vielleicht keine Ausnahme, sondern nur ein sympathisch ungeschickter Betriebsunfall. Man könnte fast meinen, Caroline Bosbach habe einfach zu früh geübt, was andere erst nach der Legislatur mit dem Ministerbüropraktikanten in der Dubliner Stiftung vollziehen.
Doch was bedeutet dieser Vorfall nun für die CDU, die unter Friedrich Merz ohnehin schon im Bermuda-Dreieck aus konservativer Restauration, neoliberaler Umverteilung und autoritärem Provinzialismus treibt? Er zeigt vor allem, dass das Personal der Partei weniger inhaltlich, dafür aber familiär verlässlich ist. Tochter Bosbach folgt Vater Bosbach – wie es sich gehört im Hause Union. Die Werte werden weitervererbt, der Umgang mit Geld gleich mit. Nur der Diskretionslevel hat nicht mitgehalten. Früher hieß es: Wir schweigen und zahlen später. Heute heißt es: Wir nehmen und geben zurück – wenn’s auffliegt.
So zeigt sich die CDU einmal mehr als das, was sie in Wahrheit längst ist: eine Partei, die nicht von oben herab korrumpiert wird, sondern von innen heraus. In der Rückbesinnung auf konservative Traditionen ist man längst bei der Remonetarisierung des Wahlkampfs angekommen – nicht in Bitcoins, sondern in der einzigen echten Währung des Misstrauens: Bargeld. Die Rückzahlung des Geldes, so der Anwalt, sei ohnehin längst erfolgt. Das nennt man heute wohl konservative Nachhaltigkeit.
Vielleicht hätte man bei Caroline Bosbach, die im politischen Berlin wohl gerade ihren Einstand im Haushaltsausschuss verpasst hat, weniger auf Abstammung, mehr auf Ausbildung setzen sollen. Oder wie ihr Vater einst sagte, als es um Integrität und Anstand in der Politik ging: Es geht nicht nur ums Recht, sondern auch um das Richtige. – In diesem Fall wären 2.500 Euro Rückflugticket in die private Sphäre das eigentlich Richtige gewesen.
Aber wer weiß, vielleicht war das Ganze nur ein Versuch, das neue CDU-Finanzmodell zu testen: Cash-to-Kanzleramt – konservativ, direkt, barrierefrei. Mit Frau Bosbach an der Spitze müsste man sich dann aber Sorgen machen – um den Kassenstand. Und um die Demokratie gleich mit. Denn wer das Volk vertreten will, sollte nicht zuerst sich selbst auszahlen lassen.
Nachtrag: Der CDU-Kreisverband hat nun die Unterlagen der Staatsanwaltschaft übergeben. Man darf gespannt sein, was schneller verjährt: der moralische Anspruch der Union – oder die 2.500 Euro. Das Land wartet, bar auf die Hand.