Fünf Jahre nach dem tödlichen Polizeieinsatz in Louisville wurde Ex-Polizist Brett Hankison am 21. Juli 2025 zu 33 Monaten Haft verurteilt. Das Urteil wirft ein grelles Licht auf ein Justizsystem, das politisch instrumentalisiert, rassistisch verzerrt und strukturell resistent gegen Gerechtigkeit bleibt. Von Holger Elias

Am Montag, den 21. Juli 2025, hat ein Bundesgericht in Louisville den ehemaligen Polizisten Brett Hankison zu 33 Monaten Haft verurteilt – wegen der Verletzung von Breonna Taylors Bürgerrechten während des tödlichen Polizeieinsatzes im März 2020. Das Urteil fiel trotz der Empfehlung des Justizministeriums unter Präsident Trump, lediglich einen Tag Haft zu verhängen. Die zuständige Richterin Rebecca Grady Jennings sprach von einem »politisch beeinflussten Strafantrag« und betonte, dass das Strafmaß nicht den Wert von Taylors Leben messen könne, wohl aber ein Zeichen von Verantwortlichkeit sei. Doch reicht das aus? Eine Einordnung.
Es ist ein Urteil, das Fragen aufwirft – nicht nur juristische, sondern politische, gesellschaftliche und moralische. 33 Monate Haft für Brett Hankison, einen ehemaligen Polizisten, der im Zuge eines nächtlichen Polizeieinsatzes blind durch eine Wohnung schoss – nicht wegen der Tötung Breonna Taylors, sondern wegen »Gefährdung« der Nachbarn. Das am Montag gefällte Urteil klärt den Tod der jungen afroamerikanischen Notfallsanitäterin nicht auf, sondern verschleiert es im Nebel juristischer Nebenschauplätze. Und es ist ein Urteil, das exemplarisch steht für eine Gesellschaft, die sich an die Inszenierung von Gerechtigkeit klammert, während sie reale Gerechtigkeit systematisch verfehlt.
Dass das US-Justizministerium unter Donald Trump zuletzt eine symbolische Strafe von einem Tag Haft für Hankison empfahl – eingereicht durch eine politische Funktionärin, ohne Rückendeckung der ermittelnden Staatsanwälte – unterstreicht die Schieflage. Gerechtigkeit als Farce, Urteil als Signal: Der institutionalisierte Rassismus lebt fort – abgesichert durch ein System, das sich selbst entlastet.
Was in Louisville geschah
Der 13. März 2020 war ein gewöhnlicher Freitag in Louisville, Kentucky. Für Breonna Taylor sollte es der letzte Tag ihres Lebens sein. Kurz nach Mitternacht stürmten Polizisten der Louisville Metro Police Department (LMPD) mit einem sogenannten »No-Knock-Warrant« ihre Wohnung. Keine Ankündigung, kein Klopfen, keine Zeit zur Orientierung. Taylors Freund, Kenneth Walker, glaubte an einen Einbruch, griff zu seiner legal registrierten Waffe und feuerte einen Schuss ab. Die Beamten erwiderten das Feuer mit 32 Schüssen. Sechs davon trafen Breonna Taylor. Sie starb in ihrem eigenen Schlafzimmer. Unbewaffnet. Im Pyjama.
Die offizielle Version der Polizei: Es habe sich um einen gefährlichen Drogeneinsatz gehandelt. Ziel sei nicht Taylor, sondern ihr Ex-Freund gewesen – ein mutmaßlicher Dealer, von dem man glaubte, er könne in der Wohnung Drogen oder Geld verstecken. Gefunden wurde: nichts. Kein Rauschgift, keine Beweise, keine Waffen außer Walkers Pistole. Dennoch hielten die Behörden lange an ihrer Darstellung fest. Im Polizeibericht: keine Verletzungen bei Taylor. Kein Hinweis auf Kugeln, Blut oder Tod. Ein institutioneller Versuch der Auslöschung.
Symbol ohne Wirkung
In den Wochen nach der Tat wurde Breonna Taylor zu einem Gesicht. Ihr Porträt auf Plakaten, T-Shirts, Hauswänden. »Say her name«, skandierte eine wütende Nation. Ihr Name wurde zur Parole, ihre Geschichte zur Chiffre. Im Sog der Black-Lives-Matter-Proteste nach der Ermordung George Floyds durch einen Polizisten in Minneapolis verband sich Taylors Tod mit einem kollektiven Aufschrei. Millionen gingen auf die Straße. Die USA standen für einen Moment still.
Doch während die Symbolik explodierte, blieb die juristische Aufarbeitung auf der Strecke. Der Fall Taylor wurde ein »Fall«, aber nie ein Gerichtsverfahren mit tatsächlicher Anklage wegen Mordes oder Totschlags. Stattdessen: Anklage gegen Brett Hankison wegen »wanton endangerment« – rücksichtsloser Gefährdung. Nicht wegen der Kugeln, die Taylor töteten, sondern wegen der Kugeln, die in eine Nachbarwohnung drangen. Taylor wurde zur Ikone gemacht – aber das Rechtssystem behandelte sie wie eine Randfigur.
Die Chronik einer verschleppten Aufarbeitung
Was folgte, war ein zäher, schleppender, systematisch blockierter Prozess der juristischen Aufarbeitung. Erst im August 2022 – zwei Jahre nach Taylors Tod – erhob das US-Justizministerium unter Präsident Joe Biden Anklage auf Bundesebene. Nicht wegen Tötung, sondern wegen Verletzung bürgerlicher Rechte. Vier Beamte wurden angeklagt, darunter auch Hankison. Grundlage war vor allem das manipulative Zustandekommen des Durchsuchungsbefehls, der auf falschen Angaben beruhte. Das Verfahren offenbarte das Ausmaß institutioneller Schlampigkeit – oder Absicht.
Am 21. Juli 2025 nun das Urteil: Hankison habe durch das Abfeuern seiner Waffe gegen Taylors verfassungsmäßig geschützte Rechte verstoßen. Nicht, weil er sie getötet habe – das war juristisch nicht verhandelt worden – sondern weil er blind und damit verantwortungslos gehandelt habe. Dass es überhaupt zu diesem Urteil kam, war Ergebnis politischen Drucks. Doch die Strafmaßempfehlung – 33 Monate Haft – wurde schließlich von Richterin Rebecca Grady Jennings ausgesprochen. Und selbst diese moderate Strafe lag deutlich über dem, was das mittlerweile von Trump dominierte DOJ forderte: einen einzigen Tag Haft.
An dieser Stelle wird sichtbar, wie stark politische Wechsel in den USA das Justizsystem beeinflussen. Nicht die Tat bestimmt die Strafe – sondern die Regierung. Nicht das Opfer bestimmt das Verfahren – sondern die politische Agenda. Eine Justiz im Schleudergang.
Der Consent Decree als Placebo
Im Dezember 2024 verkündete das Justizministerium stolz eine Einigung mit der Stadt Louisville: Ein sogenannter »Consent Decree« sollte endlich Abhilfe schaffen, neue Standards setzen, Deeskalation fördern. Die Medien jubelten, die Politik klopfte sich auf die Schulter. Doch bei näherer Betrachtung wird klar: Die Vereinbarung ist ein Placebo mit Ablaufdatum.
Zwar verpflichtet sich die Stadt, Körperkameras einzusetzen, Durchsuchungsbefehle sorgfältiger zu prüfen, den Umgang mit vertraulichen Informanten zu reformieren. Aber was bedeutet eine solche Verpflichtung, wenn sie unter der Ägide eines kommenden Präsidenten steht, der nichts von solchen Eingriffen hält? Schon während der Verhandlungen deutete sich an, dass aus dem DOJ selbst Widerstand gegen weitreichende Maßnahmen wuchs. Und mit der Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus wurde klar: Der »Consent Decree« steht unter Beschuss.
Louisvilles Bürgermeister Craig Greenberg beschwor in Pathos getränkten Worten den Neuanfang, versprach, die Stadt werde ihren Teil unabhängig vom Präsidenten erfüllen. Doch das US-System kennt keine lokale Autonomie in föderaler Strafverfolgung, wenn Washington blockiert. Ohne Bundesaufsicht wird aus der Einigung ein zahnloses Bekenntnis.
Die Rückkehr der weißen Ordnung
Mit der Berufung von Harmeet Dhillon zur Leiterin der Civil Rights Division kam es zum offenen Bruch mit den Reformbestrebungen der Biden-Jahre. Die Juristin, eine enge Vertraute der Trump-Bewegung, gilt als ideologische Kämpferin gegen »Woke Culture« und progressive Justizagenda. Gemeinsam mit ihrem Berater Robert Keenan – einst selbst in Fällen von Polizeigewalt als Verteidiger der Beamten tätig – unterzeichnete sie die Empfehlung für eine Eintagesstrafe gegen Hankison.
Der Vorgang ist in mehrfacher Hinsicht ein Skandal. Erstens, weil keine der federführenden Staatsanwält:innen, die das Verfahren über Jahre trugen, die Empfehlung mittrugen. Zweitens, weil sie auf keinerlei neue Erkenntnisse gestützt war – außer dem politischen Willen zur Rehabilitierung der Exekutive. Und drittens, weil sie signalisiert: Die Zeit der Aufklärung ist vorbei. Willkommen zurück im autoritären Status quo.
In internen Memos – die durch Whistleblower an die Öffentlichkeit gelangten – war bereits die Rede von einer »Neuausrichtung« der Civil Rights Division auf »strukturkonforme Kriminalitätsbekämpfung«. Die Ironie: In einem Land, das sich als Hüter der Bürgerrechte inszeniert, wird deren Schutz nun zur parteipolitischen Verfügungsmasse.
Mount Vernon: Zweiter Tatort der systemischen Gewalt
Während sich die mediale Aufmerksamkeit auf Louisville konzentrierte, veröffentlichte das DOJ am gleichen Tag seine Untersuchungsergebnisse zu einer anderen Polizei: Mount Vernon im Bundesstaat New York. Auch hier: systematische Übergriffe, rechtswidrige Durchsuchungen, übermäßige Gewalt. Zwei ältere Frauen, 65 und 75 Jahre alt, wurden 2020 zu Nacktdurchsuchungen und Körperhöhlenkontrollen gezwungen – wegen angeblicher Hand-zu-Hand-Drogengeschäfte. Ein Vorwurf, der sich später als falsch herausstellte.
Die betroffenen Beamtinnen gaben an, dass diese Praxis »üblich« gewesen sei. Die Polizei selbst sprach von einem »Einzelfall«. Aktenlage: manipuliert. Kontrollen: nicht existent. Konsequenzen: keine. Und genau hier schließt sich der Kreis: Nicht nur im Süden, auch im Norden, nicht nur in Großstädten, auch in Vororten, nicht nur gegen Männer, auch gegen alte Frauen – das System funktioniert überall nach demselben Muster. Und es schützt sich selbst.
Die USA als Menschenrechtsheuchler
Kein Land der Welt erhebt solch moralischen Anspruch auf das Konzept der Menschenrechte wie die USA. Mit Sanktionen, Erklärungen und »Watchlists« wird weltweit jene Ordnung verteidigt, die im Inneren längst zerfällt. Der Fall Breonna Taylor zeigt diese Schizophrenie exemplarisch. Während Washington in Genf über Polizeigewalt in Afrika und Justizreformen in Osteuropa predigt, verfehlt es auf heimischem Boden jeden Maßstab der Verhältnismäßigkeit, der Gerechtigkeit und der Transparenz.
Diese Doppelmoral ist kein rhetorischer Ausrutscher, sondern strukturell verankert. Die USA exportieren Menschenrechte, aber importieren keine. Sie intervenieren im Namen der Demokratie, während sie zuhause ihre Verfassung zum Instrument weißer Machtsicherung degradieren. Breonna Taylor war ein Opfer dieser Doppelmoral – ihr Tod ein Resultat des carceral state, nicht eines individuellen Fehlers.
Ein Rückblick auf fünf Jahre Justizfarce
Fünf Jahre nach Breonna Taylors Tod ist aus dem einstigen Aufschrei eine bittere Leerstelle geworden. »Jeden Tag wache ich auf und spüre, dass es keine Gerechtigkeit gegeben hat – nicht für meine Tochter, nicht für unsere Gemeinschaft«, sagte ihre Mutter Tamika Palmer kürzlich bei einer Mahnwache in Louisville. Die juristische Aufarbeitung war von Beginn an ein Tanz um das eigentliche Verbrechen. Zuerst die systematische Verzögerung, dann das Manövrieren in Nebenschauplätze. Die Anklagen, die keine waren. Die Urteile, die nichts klärten. Die Symbolik, die Gerechtigkeit ersetzen sollte.
Was hätte geschehen müssen? Eine sofortige Suspendierung aller beteiligten Beamten. Eine Anklage wegen fahrlässiger Tötung oder gar Mordes. Eine unabhängige Untersuchung der Rolle der Staatsanwaltschaft. Ein Moratorium für No-Knock-Warrants. Stattdessen: institutionelles Mauern, politisches Taktieren und ein Wiedererstarken derjenigen Kräfte, die rassistische Polizeigewalt nicht als Skandal, sondern als Ordnung begreifen.
Der Rückblick zeigt: Es gab Momente des Fortschritts. Die Anklage auf Bundesebene. Der Consent Decree. Das öffentliche Bekenntnis vieler Städte zur Polizeireform. Aber ihnen standen Rückschritte gegenüber: die Rücknahme von Reformen, politische Einflussnahme auf Ermittlungen, ideologische Revanche durch die neue Administration. In Summe ergibt sich kein Weg zur Gerechtigkeit, sondern ein Zickzackkurs zwischen Hoffnung und Resignation.
Gesellschaft zwischen Symbol und System
Breonna Taylors Name wird in Schulen zitiert, auf Wandbildern verewigt – etwa dem weithin sichtbaren Mural an der West Broadway Street in Louisville –, und in Songs besungen, wie etwa in Beyoncé Knowles’ »Black Parade« oder in J. Coles »Snow on tha Bluff«. Doch was sagt es über eine Gesellschaft aus, wenn ihre Toten mehr Präsenz besitzen als ihre Überlebenden? Der Symbolstatus Taylors war notwendig, aber er wurde auch zum Schutzmechanismus einer Gesellschaft, die sich lieber mit Bildern beruhigt als mit Realitäten konfrontiert.
Die USA bleiben eine Gesellschaft, in der Hautfarbe, Wohnort und ökonomischer Status über Leben und Tod entscheiden. In der Polizei als Sicherheitsmacht verstanden wird – aber für viele Schwarze Bürger:innen eine permanente Bedrohung darstellt. In der politische Lager darüber streiten, ob es Rassismus überhaupt gibt, während Menschen weiterhin aufgrund ihrer Herkunft erschossen, durchsucht, entmenschlicht werden.
Das System bleibt intakt, weil es seine Kritik kanalisiert: durch Gedenktafeln, Reformversprechen, mediale Empörung. Doch solange die Polizei ihre Gewalt selbst verwaltet, solange Richter:innen unter parteipolitischem Druck urteilen, solange Bürgerrechte Verhandlungsmasse im Kulturkampf bleiben – solange bleibt auch Breonna Taylors Fall offen. Nicht juristisch, sondern politisch, gesellschaftlich, moralisch.
Gerechtigkeit jenseits des Gerichts?
Der Fall Breonna Taylor zwingt zur Erkenntnis, dass Gerechtigkeit in den USA keine universelle Kategorie ist, sondern ein relativer Zustand. Was manch einer als Einzelfall, Justizversagen oder tragisches Missverständnis einstuft, ist für andere ein systemischer Zustand: Alltag, Struktur, Kalkül.
Angela Davis sprach vom »Atemholen unter der Knute« – ein Bild, das sie 2003 in einem Vortrag an der University of California verwendete, um die prekäre Balance zwischen kurzfristigen juristischen Erfolgen und langfristiger systemischer Unterdrückung in den USA zu beschreiben, wenn es darum geht, wie marginalisierte Gruppen Gerechtigkeit erfahren. Michelle Alexander beschrieb den US-Strafstaat als neues »Jim Crow«-System. Und Loïc Wacquant zeigte, wie Armut, Hautfarbe und Kontrolle in einer neoliberalen Gesellschaft zur Architektur moderner Repression verschmelzen.
Breonna Taylor war keine Ausnahme. Sie war das Exempel. Ihr Fall steht für eine Gerechtigkeit, die nie kommen durfte – weil sie das System, das sie tötete, in Frage gestellt hätte. Was bleibt, ist die Verpflichtung, den Namen nicht nur zu nennen, sondern mit Leben zu füllen. »Wir müssen aufhören, Gerechtigkeit zu performen – wir müssen sie endlich herstellen. Nicht irgendwann, sondern jetzt«, forderte DeRay Mckesson, Aktivist und Mitbegründer der Plattform Campaign Zero, jüngst bei einer Pressekonferenz in Washington. Nicht im Gerichtssaal, sondern auf der Straße, in den Institutionen, in der Politik.
Denn echte Gerechtigkeit beginnt dort, wo das System aufhört, sich selbst zu schützen.
Quellenverzeichnis
– Reuters: Queen, Jack / Chavez, Julio-Cesar / Lynch, Sarah N. (2025): US judge sentences ex-police officer to 33 months for violating civil rights of Breonna Taylor, 22.07.2025, https://www.reuters.com – Reuters: Goudsward, Andrew / Lynch, Sarah N. (2024): Louisville commits to police reform in Breonna Taylor case, 12.12.2024 – U.S. Department of Justice (DOJ), Civil Rights Division: Pressemitteilungen und Dokumente zu „Pattern-or-Practice“-Ermittlungen gegen die Louisville Metro Police Department (2023–2025) – Statement von Tamika Palmer bei der Mahnwache in Louisville, Juli 2025 (zitiert nach lokalen Presseberichten) – Pressekonferenz mit DeRay Mckesson, Campaign Zero, Washington, Juli 2025 – Angela Davis: Vortrag an der University of California, 2003 (zitiert nach: Freedom Is a Constant Struggle, Haymarket Books 2016) – Michelle Alexander (2010): The New Jim Crow: Mass Incarceration in the Age of Colorblindness, The New Press – Loïc Wacquant (2009): Punishing the Poor: The Neoliberal Government of Social Insecurity, Duke University Press – Beyoncé Knowles (2020): Song „Black Parade“ – J. Cole (2020): Song „Snow on tha Bluff“ – Diverse lokale Medienberichte aus Louisville, Kentucky (2020–2025)
Zeitleiste – Der Fall Breonna Taylor (2020–2025)
13. März 2020
Tödlicher Polizeieinsatz
In den frühen Morgenstunden führen Beamte der Louisville Metro Police Department (LMPD) eine »No-Knock«-Durchsuchung in der Wohnung von Breonna Taylor durch. Die 26-jährige afroamerikanische Notfallsanitäterin wird mehrfach von Polizeikugeln getroffen und stirbt noch vor Ort. Ihr Lebensgefährte Kenneth Walker eröffnet das Feuer in dem Glauben, es handle sich um einen Einbruch. Die Polizei feuert 32 Schüsse ab. Taylor wird von sechs Kugeln getroffen.
13.–31. März 2020
Vertuschungsversuche & erste Reaktionen
Die Polizei gibt in ihrem Bericht an, Taylor habe keine Verletzungen erlitten. Medien berichten zunächst kaum. Erst zivilgesellschaftlicher Druck – u. a. durch Taylors Familie und Aktivist:innen – bringt den Fall an die Öffentlichkeit.
April–Mai 2020
Öffentlicher Protest wächst
Gemeinsam mit dem aufkommenden Protest gegen die Ermordung von George Floyd (25. Mai) wird auch Breonna Taylor zur Symbolfigur der »Black Lives Matter«-Bewegung. Landesweite Demonstrationen fordern Anklage gegen die beteiligten Beamten.
11. Juni 2020
Verbot von No-Knock-Warrants in Louisville
Die Stadt Louisville beschließt als Reaktion auf den Fall die sogenannte »Breonna’s Law«, die No-Knock-Durchsuchungen künftig verbietet. Körperkameras werden verpflichtend.
23. September 2020
Keine Anklage wegen Tod Taylors
Eine Grand Jury erhebt gegen Brett Hankison Anklage – jedoch nicht wegen Taylors Tod, sondern wegen „gefährlicher Gefährdung“ der Nachbarn durch Schüsse in deren Wohnung. Die beiden anderen Beamten bleiben unbehelligt. Der Aufschrei ist massiv, es folgen Proteste in über 30 Städten.
3. März 2022
Staatliches Verfahren endet mit Freispruch
Hankison wird vor einem staatlichen Gericht vom Vorwurf der „wanton endangerment“ (rücksichtslose Gefährdung) freigesprochen. Die Anklage scheitert an schwammigen Formulierungen und mangelhafter Beweisführung.
4. August 2022
US-Justizministerium erhebt erstmals Bundesanklage
Unter Präsident Joe Biden reicht das DOJ erstmals Klage wegen Bürgerrechtsverletzung gegen vier beteiligte Beamte ein – darunter auch gegen Hankison. Die Anklage stützt sich u. a. auf Falschangaben beim Antrag für den Durchsuchungsbefehl.
8. November 2024
Verurteilung Hankisons auf Bundesebene
Ein Bundesgericht in Louisville befindet Brett Hankison für schuldig, Breonna Taylors Bürgerrechte verletzt zu haben. Grundlage ist sein blindes Abfeuern von Schüssen in die Wohnung – nicht die Tötung Taylors selbst.
12. Dezember 2024
Consent Decree mit Louisville
Das DOJ unterzeichnet mit der Stadt eine verbindliche Vereinbarung zur Reform des Polizeiwesens. Diese umfasst Trainings, externe Aufsicht und Einschränkungen bei Durchsuchungspraktiken. Die Einigung gilt als Präzedenzfall für bundesweite Reformversuche.
5. November 2024
Donald Trump wird erneut zum Präsidenten gewählt
Die Wahl beeinflusst unmittelbar die Arbeit des Justizministeriums. Erste Maßnahmen zur Rücknahme von zivilrechtlichen Vereinbarungen werden eingeleitet, darunter auch die faktische Demontage von Consent Decrees.
16. Juli 2025
Strafantrag des DOJ: 1 Tag Haft
Kurz vor der Urteilsverkündung empfiehlt das Trump-geleitete DOJ eine symbolische Strafe von nur einem Tag Haft für Hankison. Die Empfehlung wird nicht von den ermittelnden Staatsanwälten, sondern von politischen Appointees unterzeichnet.
21. Juli 2025
Urteil: 33 Monate Haft für Hankison
Richterin Rebecca Grady Jennings verurteilt Brett Hankison zu 33 Monaten Haft – das untere Ende des Strafrahmens, aber deutlich mehr als vom DOJ gefordert. Sie kritisiert in ihrer Urteilsbegründung explizit die politische Einflussnahme.
Ausblick (ab Juli 2025)
Die Umsetzung des »Consent Decree« steht unter politischem Druck. Reformgegner:innen innerhalb der neuen Administration versuchen, Einfluss auf laufende Verfahren zu nehmen. Menschenrechtsorganisationen warnen vor einem Rückbau institutioneller Fortschritte.