Der Widerstand kommt aus dem Seminarraum
Die KHM ist kein pazifistisches Biotop. Sie ist ein Labor der Auseinandersetzung. In Seminaren wie »War and Porn«, »Krieg und Fernsehen« oder »Robots and Society« werden Fragen der Kriegführung, Medientechnologie und Ethik nicht nur gestellt, sondern ästhetisch bearbeitet. Projekte wie »Embedded Politics« oder »Warfluencer« machen sichtbar, wie tief kriegerische Narrative in sozialen Medien verankert sind.
Im forschenden Rahmen von Ground Zero arbeiten Lehrende und Studierende gemeinsam daran, die Black Boxes techno-militärischer Systeme zu öffnen. Ihr Ziel: das Sichtbarmachen von codierter Gewalt. Ihre Mittel: interdisziplinär, künstlerisch, diskursiv.
Die KHM wird auf diese Weise zu einem Ort, an dem Friedensarbeit nicht als politisches Anhängsel verstanden wird, sondern als konstitutives Element von Medienbildung.
Kampfbegriff Freiheit: Wissenschaft vs. Wehrhaftigkeit
Die Gegner der Zivilklausel argumentieren mit der Freiheit der Wissenschaft. Doch diese Argumentation ist trügerisch. Denn sie verkennt, dass Freiheit in einem autoritätsgestützten Wissenschaftssystem immer auch Machtverhältnisse reproduziert. Wenn Drittmittel von Rüstungsunternehmen plötzlich als Ausdruck akademischer Autonomie gelten, wird nicht die Freiheit, sondern der Markt zur Norm.
Die KHM-Zivilklausel hingegen fordert eine andere Form von Autonomie: die bewusste Entscheidung für friedliche Nutzung. Eine Entscheidung, die nicht jedem gefällt – aber genau deshalb getroffen wurde. Im Sinne einer demokratischen Selbstermächtigung, nicht im Namen eines politischen Opportunismus.
Die Zivilklausel der KHM ist kein Manifest. Sie ist ein Paragraph. Aber sie ist einer mit Haltung. Und sie steht für eine Institution, die sich der Leerstelle politischer Verantwortung nicht entziehen will.
Ob sie Bestand haben wird, ist offen. Das geplante Bundeswehrgesetz der NRW-Regierung könnte sie neutralisieren. Doch ihr Symbolwert bleibt – auch über NRW hinaus.
Vielleicht ist sie der Auftakt zu einer neuen Debatte. Vielleicht aber auch nur ein Fußnotenfall im sicherheitspolitischen Furor unserer Zeit. Entscheidend wird sein, ob andere Hochschulen den Mut finden, ihr zu folgen. Nicht, weil sie die gleiche Struktur oder den gleichen Fokus haben – sondern weil sie erkennen, dass Zivilität nicht nur Aufgabe der Friedensbewegung, sondern Auftrag der Bildung ist.
Erinnerung als Widerstand
Im Handbuch gegen den Krieg schreibt Marlene Streeruwitz: »Wenn Kunst und Kultur überhaupt Sinn haben sollen, dann wäre es die Aufgabe von Kunst und Kultur allgemein, sich von den bisherigen Formen des Sprechens abzuwenden und den Weg zum Sprechen von Friedlichkeit zu betreten.«
Vielleicht ist genau das geschehen, in einem Senatsbeschluss an einer kleinen Hochschule in Köln. Vielleicht ist dieser Schritt der Anfang einer neuen Sprache. Einer Sprache des Friedens. Einer Sprache, die wieder gelernt werden muss.