Wie neutral und objektiv ist die Berichterstattung deutscher Medien wirklich? Besonders bei Themen wie Kriegsverbrechen, wo die Emotionen hochkochen und politische Interessen im Spiel sind, ist die Unabhängigkeit der Medien von großer Bedeutung. Kim Kristin Mauch geht in ihrer Studie »Agieren deutsche Medien gemäß dem Propagandamodell? Das Beispiel Bombardierung von Krankenhäusern durch die USA und Russland« der Frage nach, ob deutsche Leitmedien ideologisch gefärbt berichten und dabei dem Propagandamodell von Herman und Chomsky folgen.
Das Propagandamodell
Das Propagandamodell, entwickelt von Edward S. Herman und Noam Chomsky in den 1980er Jahren, besagt, dass die Medien in kapitalistischen Gesellschaften oft im Dienst der Interessen der Elite stehen. Fünf Filter beeinflussen demnach den Informationsfluss: die Eigentümerstruktur der Medien, die Bedeutung von Werbung, die Quellen der Nachrichten, negative Rückmeldungen (Flak) und die ideologische Kontrolle durch Antikommunismus.
Methodisches Vorgehen
Mauch führt eine qualitative Inhaltsanalyse durch, bei der sie die Berichterstattung über zwei sehr ähnliche Vorfälle untersucht: die Bombardierung eines Krankenhauses in Afghanistan durch die USA im Jahr 2015 und die Bombardierung eines Krankenhauses in Syrien durch Russland im Jahr 2016. Sie analysiert 24 Artikel aus sieben überregionalen Tageszeitungen sowie 14 TV-Beiträge aus vier Nachrichtensendungen, um zu prüfen, ob die Opfer der beiden Ereignisse unterschiedlich dargestellt werden und ob die Berichterstattung ideologisch gefärbt ist.
Ergebnisse
Mauch findet Hinweise darauf, dass die Berichterstattung über die beiden Vorfälle tatsächlich unterschiedlich ausfällt, was den Annahmen des Propagandamodells entspricht.
- Position und Umfang der Berichte: Beiträge über Syrien erschienen häufiger an prominenter Stelle und wurden umfangreicher behandelt als Beiträge über Afghanistan. So berichteten die TV-Sender durchschnittlich 1 Minute und 21 Sekunden über Syrien, aber nur 45 Sekunden über Afghanistan.
- Überschriften: Die Analyse der Überschriften zeigte, dass in beiden Fällen ähnliche Formulierungen verwendet wurden, die auf die Bombardierungen und die Opfer hinwiesen. Allerdings fielen bei der FAZ Überschriften wie „Gouverneur: Krankenhaus war eine Taliban-Stellung“ auf, die die US-Bombardierung in Afghanistan rechtfertigten.
- Art der Sprache: Die Sprache in den Berichten über Syrien war dramatischer und detaillierter, während die Berichte über Afghanistan tendenziell neutraler blieben. Medien wie Bild und Welt beschrieben die syrischen Opfer ausführlicher, während FAZ und Junge Welt die afghanischen Opfer detaillierter schilderten.
- Quellenwahl: In den Berichten über Syrien wurden häufiger nicht-staatliche und kritische Quellen zitiert, während in den Berichten über Afghanistan staatliche und militärische Quellen dominierten. So wurden bei der Berichterstattung über Syrien insgesamt 38 nicht-staatliche Quellen und 47 staatliche Quellen zitiert, während bei Afghanistan 22 nicht-staatliche und 36 staatliche Quellen zitiert wurden.
- Einstellung zu den verantwortlichen Staaten: Syrien und Russland wurden häufiger als Verursacher von Gewalt dargestellt, während die USA und ihre Verbündeten in der Berichterstattung über Afghanistan als Friedensbringer oder als Kämpfer gegen den Terrorismus beschrieben wurden. In der Syrien-Berichterstattung fanden sich 35 Hinweise, die Syrien und Russland negativ darstellten, während in der Afghanistan-Berichterstattung lediglich neun kritische Hinweise zu den USA zu finden waren.
- Absicht und Verantwortung: Der russisch-syrischen Koalition wurde oft böse Absicht unterstellt, während die US-Angriffe in Afghanistan häufiger als Fehler oder tragische Vorfälle dargestellt wurden. So betonte die Welt die abscheulichen Verbrechen an der Zivilbevölkerung in Syrien, während die US-Verantwortung in Afghanistan häufig heruntergespielt wurde.
Fazit
Die Studie von Kim Kristin Mauch zeigt, dass deutsche Medien in ihrer Berichterstattung tatsächlich eine Tendenz aufweisen, geopolitische Gegner kritischer darzustellen als eigene Verbündete. Diese Befunde stimmen mit den Annahmen des Propagandamodells von Herman und Chomsky überein. Trotz dieser Tendenzen fand Mauch keine vollständige Bestätigung der These, dass die Opfer von Kriegsverbrechen durch Verbündete konsequent entmenschlicht werden. Vielmehr fehlten oft einfach die Merkmale, die Opfer als »wertvoll« hervorheben würden.
Die Arbeit liefert einen wertvollen Beitrag zur Medienkritik und unterstreicht die Notwendigkeit einer kritischen Auseinandersetzung mit der Berichterstattung über internationale Konflikte. Sie zeigt, dass journalistische Unabhängigkeit und Objektivität auch in demokratischen Gesellschaften immer wieder hinterfragt und überprüft werden müssen.
Literatur
- Chomsky, Noam. 2003. Media Control. Wie die Medien uns manipulieren. Hamburg: Europa Verlag GmbH.
- Herman, Edward S., und Noam Chomsky. 1994. Manufacturing Consent: The Political Economy of the Mass Media. London: Vintage.
- Krüger, Uwe. 2019. Meinungsmacht: Der Einfluss von Eliten auf Leitmedien und Alpha-Journalisten: Eine kritische Netzwerkanalyse. 2. Auflage. Köln: Herbert von Halem.
- Mauch, Kim Kristin. 2019. „Agieren deutsche Medien gemäß dem Propagandamodell? Das Beispiel Bombardierung von Krankenhäusern durch die USA und Russland“. In Ideologie, Kritik, Öffentlichkeit. Verhandlungen des Netzwerks Kritische Kommunikationswissenschaft, herausgegeben von Uwe Krüger und Sebastian Sevignani, 254–268. Universität Leipzig.
- MSF. 2015. „MSF demands explanations after deadly airstrikes hit hospital in Kunduz“ (Pressemitteilung). Kabul, Brüssel: Médecins Sans Frontières International. Link.
- MSF. 2016. „At least 11 killed in another MSF-supported hospital attack in Idlib province“ (Pressemitteilung). Gaziantep: Médecins Sans Frontières International. Link.
- Zollmann, Florian. 2017. Media, propaganda and the politics of intervention. New York: Peter Lang.
Hier die ausführliche Zusammenfassung des Beitrages plus einigen Ergänzungen zum Verständnis:
1 Einleitung
Die Einleitung des Dokuments beginnt mit der Feststellung, dass die Öffentlichkeit hohe Erwartungen an die Medien hat, insbesondere in Bezug auf die Wahrheitstreue und die zeitnahe Berichterstattung. Es wird darauf hingewiesen, dass unterschiedliche Publikationen oft widersprüchlich sind oder Ereignisse unterschiedlich interpretieren. Während eine Vielfalt an Meinungen wünschenswert ist und als Ausdruck der Demokratie betrachtet werden kann, ist eine Vielfalt an Wahrheiten eher problematisch.
Im Rahmen einer Arbeit an der Universität Leipzig wurde eine qualitative Inhaltsanalyse durchgeführt, um zu prüfen, ob Nachrichten in deutschen Medien ideologisch gefärbt sind. Als theoretischer Hintergrund dient das Propagandamodell von Edward S. Herman und Noam Chomsky. Dieses Modell wurde in den 1980er Jahren entwickelt und basiert auf der Annahme, dass das Mediensystem der freien Marktwirtschaft unterliegt und somit nicht vollkommen unabhängig berichten kann. Herman und Chomsky identifizieren fünf Filter, die den Informationsfluss beeinflussen und die Berichterstattung auf Inhalte reduzieren, die mit den Interessen der politischen und wirtschaftlichen Eliten übereinstimmen.
2 Das Propagandamodell
Im Abschnitt “Das Propagandamodell” wird das theoretische Fundament der Analyse erläutert. Das Propagandamodell wurde in den 1980er Jahren von Edward S. Herman und Noam Chomsky entwickelt. Es basiert auf der Annahme, dass das amerikanische Mediensystem den Regeln der freien Marktwirtschaft unterliegt und daher nicht vollständig unabhängig berichten kann.
Die fünf Filter des Propagandamodells
Interessen der Medieneigentümer:
Medienunternehmen sind oft im Besitz von vermögenden Familien oder Investoren, die auch in anderen Wirtschaftsbereichen aktiv sind.
Diese Eigentümer haben gemeinsame Interessen mit der Wirtschaftselite, vor allem den Profit, was die Berichterstattung beeinflusst.
Werbung:
Medien sind auf Werbeeinnahmen angewiesen und stehen in Konkurrenz zueinander.
Um attraktiv für Werbekunden zu sein, müssen die Inhalte der Medien ein ansprechendes Umfeld für Werbung bieten.
Nachrichtenquellen:
Journalisten sind auf Nachrichtenagenturen und Öffentlichkeitsarbeit großer Organisationen angewiesen, da eigene Recherchen zeit- und kostenintensiv sind.
Diese Quellen sind oft Regierungsinstitutionen oder Unternehmen, deren Informationen als zuverlässig gelten, wodurch eine einseitige Berichterstattung gefördert wird.
Flak:
Flak bezeichnet negative Reaktionen und Druck seitens des Staates oder von Konzernen auf unliebsame Informationen.
Dieser Druck kann in Form von direkter Kritik oder indirekten Maßnahmen entstehen, was zusätzliche Kosten und Aufwand für die Medienunternehmen bedeutet.
Antikommunismus als Kontrollmechanismus:
Diese Ideologie dient dazu, die Bevölkerung gegen einen gemeinsamen Feind zu vereinen.
Der Begriff “Kommunismus” wird dabei flexibel verwendet und kann auf jeden angewendet werden, der gegen die Besitzinteressen oder die Regierung agiert.
Kritik am Propagandamodell
Es wird kritisiert, dass die Elite nicht immer einheitliche Interessen hat.
Herman und Chomsky stützen sich hauptsächlich auf Analysen der außenpolitischen Berichterstattung, wobei der Zugang zu Quellen schwieriger ist als im Inland.
Das Modell zeigt zwar Muster auf, die auf eine ideologische Beeinflussung hinweisen, doch fehlen empirische Methoden, um die genauen Prozesse zu belegen.
Ergänzungen zum Verständnis
Grundannahmen des Propagandamodells:
Das Mediensystem wird durch wirtschaftliche und politische Interessen beeinflusst, was die Unabhängigkeit der Berichterstattung beeinträchtigt.
Medien tendieren dazu, Themen und Perspektiven hervorzuheben, die den Interessen der Elite dienlich sind.
Relevanz der fünf Filter:
Jeder Filter trägt auf spezifische Weise dazu bei, dass bestimmte Informationen hervorgehoben und andere unterdrückt werden.
Diese Filter erklären, warum Medien manchmal scheinbar objektive Nachrichten unterschiedlich gewichten und darstellen.
Anwendung auf die deutsche Medienlandschaft:
Obwohl das Modell ursprünglich für das amerikanische Mediensystem entwickelt wurde, lassen sich die Mechanismen auch auf deutsche Medien übertragen.
Die Untersuchung hinterfragt, ob auch deutsche Medien durch ähnliche ökonomische und politische Einflüsse geprägt sind.
Der Abschnitt legt dar, wie das Propagandamodell als theoretischer Rahmen genutzt wird, um die Berichterstattung zu analysieren und zu kritisieren. Es wird ein Verständnis dafür geschaffen, wie Medieninhalte systematisch beeinflusst werden können, und legt die Basis für die empirische Untersuchung im weiteren Verlauf des Dokuments.
3 Methodisches Vorgehen
Im Abschnitt “Methodisches Vorgehen” wird die Vorgehensweise der Studie detailliert beschrieben. Ziel der Untersuchung ist es, zu überprüfen, ob die von Herman und Chomsky angenommene Dichotomisierung von „wertvollen“ und „wertlosen“ Opfern auch in deutschen Leitmedien feststellbar ist. Die Untersuchung fokussiert sich auf zwei vergleichbare Vorfälle: die Bombardierung eines Krankenhauses in Afghanistan durch die USA 2015 und die Bombardierung eines Krankenhauses in Syrien durch Russland 2016.
Auswahl der Fälle
Vorfälle:
Afghanistan, 2015: Ein Krankenhaus der Organisation Ärzte ohne Grenzen in Kundus wurde durch mehrere Raketen getroffen, wobei mindestens 42 Menschen starben, darunter Mitarbeiter und Patienten.
Syrien, 2016: Ein von Ärzte ohne Grenzen unterstütztes Krankenhaus in Ma’arat Al Numan, Idlib, wurde durch einen Luftangriff zerstört, was mindestens 25 Menschenleben forderte, darunter Personal und Patienten.
Verantwortliche:
Afghanistan: Die USA wurden für den Angriff verantwortlich gemacht.
Syrien: Die syrische Regierung und Russland wurden für den Angriff verantwortlich gemacht.
Untersuchungsdesign
Vergleich der Berichterstattung:
Die Studie analysiert Artikel aus sieben überregionalen Zeitungen und TV-Nachrichtensendungen über die beiden Vorfälle.
Die ausgewählten Zeitungen sind: Bild-Zeitung, Die Welt, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Süddeutsche Zeitung, taz, Neues Deutschland, und Junge Welt.
Die TV-Nachrichtensendungen sind: ARD-Tagesschau, ZDF heute, RTL Aktuell, und Sat.1 Nachrichten.
Zeitraum der Analyse:
Der Untersuchungszeitraum umfasst den Tag des Ereignisses sowie die drei darauf folgenden Tage.
Es wurden nur Beiträge berücksichtigt, die die Bombardierung der Krankenhäuser explizit erwähnten.
Methodik:
Die Textpassagen wurden mit Hilfe der Software MAXQDA kodiert.
Die Kategorien für die Kodierung leiten sich aus dem Propagandamodell ab und umfassen Merkmale wie die Darstellung der Opfer, die Quellenwahl, die Sprache und die Platzierung der Berichte.
Kategorien der Analyse
Merkmale für “wertvolle Opfer”:
Prominente Berichterstattung, dramatische Darstellung, viele menschliche Details, Empörung und Forderungen nach Aufklärung und Sanktionen, geringe Verwendung staatlicher Quellen aus dem “Feindstaat”.
Merkmale für “wertlose Opfer”:
Starke und unkritische Verwendung staatlicher Quellen aus dem befreundeten Staat, wenig Detailbeschreibung, minimale Vermenschlichung der Opfer, wenig Kontext.
Ergänzungen zum Verständnis
Warum diese Vorfälle?
Die Auswahl der Fälle basiert auf der Ähnlichkeit der Ereignisse und dem geringen zeitlichen Abstand, um ein vergleichbares geopolitisches Umfeld und Meinungsklima zu gewährleisten.
Relevanz der Methodik:
Durch die qualitative Inhaltsanalyse wird eine tiefere Einsicht in die Art und Weise der Berichterstattung ermöglicht, die über eine bloße quantitative Analyse hinausgeht.
Die Kodierung mit MAXQDA ermöglicht eine systematische und transparente Auswertung der Textpassagen.
Bedeutung der Kontrollgruppen:
Die Einbeziehung alternativer Medien (Junge Welt und Neues Deutschland) dient dazu, Unterschiede zur Berichterstattung in Mainstream-Medien zu erkennen.
Dies ermöglicht eine umfassendere Analyse der medialen Landschaft in Deutschland.
Limitationen:
Die Untersuchung ist auf einen kurzen Zeitraum begrenzt und berücksichtigt nur ausgewählte Medien. Langfristige Trends und andere Medienformen wie Online-Nachrichtenportale bleiben unberücksichtigt.
Der Abschnitt “Methodisches Vorgehen” legt somit den Grundstein für die empirische Analyse, indem er die Auswahl der Fälle, die Methodik und die Kategorien der Untersuchung detailliert darlegt. Dies ermöglicht eine strukturierte und nachvollziehbare Überprüfung der Hypothesen im weiteren Verlauf der Studie.
4 Ergebnisse
Im Abschnitt “Ergebnisse” werden die Befunde der Analyse dargestellt. Es wurden insgesamt 24 Zeitungsartikel und 14 TV-Beiträge zu den beiden Vorfällen (Afghanistan und Syrien) untersucht. Insgesamt wurden 662 Textstellen kodiert. Die Ergebnisse der Analyse sind in mehreren Kategorien unterteilt, die auf den Vorhersagen des Propagandamodells basieren.
Hauptbefunde
Merkmale für “wertvolle Opfer”:
Syrien: 258 Codings insgesamt, 242 Codings ohne die alternativen Medien (Junge Welt und Neues Deutschland).
Afghanistan: 187 Codings insgesamt, 100 Codings ohne die alternativen Medien.
Merkmale für “wertlose Opfer”:
Afghanistan: 110 Codings insgesamt, 102 Codings ohne die alternativen Medien.
Syrien: 50 Codings insgesamt, 45 Codings ohne die alternativen Medien.
Diese Zahlen bestätigen, dass die Darstellung der Opfer in den deutschen Medien unterschiedlich ausfällt, abhängig davon, wer für die Vorfälle verantwortlich gemacht wird.
Detaillierte Ergebnisse
Position:
Beiträge über Syrien (mit russischer Verantwortung) wurden häufiger an prominenter Stelle veröffentlicht als Beiträge über Afghanistan (mit US-amerikanischer Verantwortung).
Umfang:
Zeitungsartikel über Afghanistan waren durchschnittlich länger als die über Syrien. TV-Beiträge über Syrien waren jedoch länger als die über Afghanistan.
Überschriften:
Überschriften in beiden Fällen bezogen sich ähnlich häufig auf die Bombardierungen und Opfer. Ein Beispiel für eine das Propagandamodell unterstützende Überschrift ist die FAZ-Überschrift “Gouverneur: Krankenhaus war eine Taliban-Stellung” für Afghanistan.
Art der Sprache:
Konservative Medien wie FAZ und linke Medien wie Junge Welt und Neues Deutschland beschrieben die Opfer in Afghanistan detaillierter. Die Sprache bei SZ, taz und ARD war bei beiden Vorfällen ähnlich.
Auswahl der Quellen:
Mehr nicht-staatliche Quellen wurden im Fall Syrien zitiert (38), im Vergleich zu Afghanistan (22). Eine größere Vielfalt von Quellen wurde im Fall Syrien verwendet, was die Annahmen des Propagandamodells bestätigt.
Einstellung zu den verantwortlichen Staaten:
In der Berichterstattung über Syrien und Russland gab es mehr Hinweise darauf, dass diese als Verursacher von Gewalt dargestellt wurden, während die USA und Deutschland in Afghanistan als Friedensbringer beschrieben wurden.
Absicht:
Die russisch-syrische Koalition wurde häufiger böser Absicht bezichtigt (23 Textstellen) als die USA im Afghanistan-Fall (10 Textstellen).
Verantwortung:
Medien sahen die Verantwortung im Syrien-Fall klar bei Russland/Syrien, während im Afghanistan-Fall die Verantwortung der USA oft als Versehen dargestellt wurde.
Ergänzungen zum Verständnis
Prominente Platzierung und Umfang:
Die prominente Platzierung und der Umfang der Berichterstattung reflektieren die Relevanz, die den Vorfällen beigemessen wird. Diese Unterschiede können auf die geopolitischen Interessen und Allianzen zurückgeführt werden.
Sprache und Quellenwahl:
Die Sprache und die Auswahl der Quellen beeinflussen die Wahrnehmung der Ereignisse stark. Nicht-staatliche und vielfältige Quellen schaffen ein differenzierteres Bild, während staatliche Quellen oft die offizielle Sichtweise wiedergeben.
Medienvielfalt:
Die Einbeziehung alternativer Medien zeigt, dass es innerhalb der deutschen Medienlandschaft unterschiedliche Perspektiven gibt. Diese Vielfalt ist wichtig, um ein umfassenderes Bild der Berichterstattung zu erhalten.
Geopolitische Kontexte:
Die Analyse verdeutlicht, wie geopolitische Kontexte und Allianzen die Medienberichterstattung beeinflussen können. Dies ist besonders relevant im Vergleich der Berichterstattung über die USA und Russland, zwei geostrategische Gegner.
Einfluss des Propagandamodells:
Die Ergebnisse unterstützen die Grundannahmen des Propagandamodells, dass Medien tendenziell die Interessen der Elite und ihrer Verbündeten schützen. Gleichzeitig zeigen sie auch die Notwendigkeit einer kritischen Reflexion und weiterer empirischer Forschung, um die spezifischen Mechanismen und deren Auswirkungen zu verstehen.
Der Abschnitt “Ergebnisse” bietet somit eine detaillierte Analyse der Berichterstattung zu den beiden Vorfällen und zeigt auf, wie die Medien durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden, die im Propagandamodell beschrieben sind.
4.1 Position
Im Unterpunkt “4.1 Position” werden die Ergebnisse der Analyse bezüglich der Platzierung der Berichterstattung über die beiden Vorfälle – die Bombardierung von Krankenhäusern in Afghanistan und Syrien – in deutschen Medien untersucht.
Hauptbefunde
Prominente Platzierung:
Die Berichterstattung über den Vorfall in Syrien, bei dem Russland verantwortlich gemacht wird, wurde häufiger an prominenter Stelle (d.h. auf den ersten drei Seiten einer Zeitung oder unter den ersten drei Beiträgen einer Nachrichtensendung) platziert als die Berichterstattung über den Vorfall in Afghanistan, bei dem die USA verantwortlich gemacht werden.
Unterschiede zwischen Print- und TV-Medien:
Während die Unterschiede in der Platzierung bei den Zeitungen weniger stark ausgeprägt waren, zeigten die TV-Nachrichtensendungen deutlicher eine bevorzugte Platzierung der Berichte über Syrien.
Ergänzungen zum Verständnis
Relevanz der Platzierung:
Die prominente Platzierung von Nachrichtenartikeln oder TV-Beiträgen hat einen erheblichen Einfluss auf die Wahrnehmung der Wichtigkeit eines Ereignisses durch die Öffentlichkeit. Artikel, die auf den ersten Seiten oder zu Beginn einer Nachrichtensendung erscheinen, werden häufiger gelesen oder gesehen und als wichtiger wahrgenommen.
Einfluss geopolitischer Interessen:
Die unterschiedliche Platzierung könnte darauf hinweisen, dass die deutschen Medien eine unterschiedliche Gewichtung der Vorfälle vornehmen, abhängig von den geopolitischen Interessen Deutschlands und seiner Verbündeten. Eine prominente Platzierung von Berichten über Syrien und Russland könnte die negative Wahrnehmung dieser Länder verstärken, während eine weniger prominente Platzierung von Berichten über die USA deren negative Handlungen weniger stark in den Vordergrund rückt.
Unterstützung des Propagandamodells:
Diese Ergebnisse stützen die Annahmen des Propagandamodells von Herman und Chomsky, das besagt, dass Medien tendenziell im Einklang mit den Interessen der politischen und wirtschaftlichen Eliten berichten. Die bevorzugte Platzierung von Berichten über Syrien könnte ein Indiz dafür sein, dass die Medien die negativen Handlungen eines geopolitischen Gegners stärker betonen, während sie die negativen Handlungen eines Verbündeten weniger stark hervorheben.
Methodologische Stärke:
Die klare Kategorisierung und Kodierung der Platzierungen ermöglicht es, systematische Muster in der Berichterstattung zu erkennen. Dies zeigt die methodologische Stärke der qualitativen Inhaltsanalyse, die eine differenzierte Betrachtung der Medienberichterstattung erlaubt.
Begrenzte Zeitspanne:
Da die Untersuchung nur die Berichterstattung an den Tagen unmittelbar nach den Vorfällen berücksichtigt, könnte die langfristige Berichterstattung anders aussehen. Weitere Forschung wäre notwendig, um zu sehen, ob diese Muster über einen längeren Zeitraum hinweg bestehen bleiben.
Fazit
Die Analyse der Position der Berichterstattung zeigt deutlich, dass die Vorfälle in Syrien und Afghanistan unterschiedlich prominent platziert wurden, was auf eine bewusste oder unbewusste Gewichtung der Wichtigkeit der Ereignisse durch die Medien hindeutet. Dies unterstützt die These, dass Medien im Einklang mit den geopolitischen Interessen der Eliten berichten und verdeutlicht die Notwendigkeit einer kritischen Reflexion der Medienberichterstattung.
4.2 Umfang
Im Unterpunkt “4.2 Umfang” werden die Ergebnisse der Analyse bezüglich der Länge der Berichterstattung über die beiden Vorfälle – die Bombardierung von Krankenhäusern in Afghanistan und Syrien – in deutschen Medien untersucht.
Hauptbefunde
Zeitungsartikel:
Afghanistan: Die Zeitungsartikel über den Vorfall in Afghanistan waren im Durchschnitt länger (307 Wörter pro Artikel) als die über Syrien (283 Wörter pro Artikel).
Dies widerspricht der Annahme des Propagandamodells, dass die Berichterstattung über “wertvolle Opfer” (im Fall Syrien) umfangreicher sein sollte.
TV-Beiträge:
Syrien: Die TV-Beiträge über den Vorfall in Syrien waren im Durchschnitt länger (1 Minute und 21 Sekunden) als die über Afghanistan (45 Sekunden).
Dies unterstützt die Annahme des Propagandamodells, dass die Berichterstattung über “wertvolle Opfer” ausführlicher ist.
Ergänzungen zum Verständnis
Unterschiede zwischen Print- und TV-Medien:
Während die Printmedien dem Propagandamodell widersprechen, indem sie längere Artikel über Afghanistan veröffentlichen, stimmen die TV-Medien mit dem Modell überein, indem sie längere Beiträge über Syrien senden. Dies könnte auf unterschiedliche Produktions- und Redaktionsprozesse zwischen Print- und TV-Medien hinweisen.
Interpretation der Abweichungen:
Die längeren Artikel über Afghanistan könnten darauf zurückzuführen sein, dass Printmedien mehr Raum für detaillierte Berichte und Hintergrundinformationen haben. TV-Medien hingegen müssen ihre Berichterstattung oft auf kurze, prägnante Clips beschränken, was dazu führen könnte, dass sie sich auf die dramatischeren und geopolitisch relevanteren Ereignisse (wie Syrien) konzentrieren.
Einfluss des geopolitischen Kontexts:
Die unterschiedlichen Umfänge in der Berichterstattung könnten auch durch die geopolitischen Beziehungen Deutschlands zu den USA und Russland beeinflusst sein. Da Deutschland enger mit den USA verbunden ist, könnte die kürzere Berichterstattung im TV über Afghanistan dazu dienen, die USA in einem weniger negativen Licht darzustellen.
Medienkonsumgewohnheiten:
Die Länge der Berichterstattung kann auch durch die Medienkonsumgewohnheiten des Publikums beeinflusst werden. TV-Zuschauer bevorzugen möglicherweise kürzere, prägnantere Berichte, während Zeitungsleser ausführlichere Artikel bevorzugen. Dies könnte erklären, warum die TV-Berichterstattung über Syrien umfangreicher ist, während die Printberichterstattung über Afghanistan länger ist.
Relevanz und Aufmerksamkeit:
Längere Berichte in TV-Medien könnten auch ein Indikator für die Relevanz und Aufmerksamkeit sein, die dem Ereignis beigemessen wird. Die längere Berichterstattung über Syrien könnte darauf hindeuten, dass dieser Vorfall als wichtiger angesehen wurde, möglicherweise aufgrund der geopolitischen Spannungen mit Russland.
Fazit
Die Analyse des Umfangs der Berichterstattung zeigt unterschiedliche Muster zwischen Print- und TV-Medien. Während Printmedien längere Artikel über Afghanistan veröffentlichen, senden TV-Medien längere Beiträge über Syrien. Diese Unterschiede können auf verschiedene redaktionelle Prozesse, Konsumgewohnheiten und geopolitische Einflüsse zurückgeführt werden. Insgesamt unterstützen die TV-Ergebnisse die Annahmen des Propagandamodells, während die Print-Ergebnisse davon abweichen, was auf die Komplexität und Vielschichtigkeit der Medienberichterstattung hinweist.
4.3 Überschriften
Im Unterpunkt “4.3 Überschriften” werden die Ergebnisse der Analyse der Überschriften der Berichterstattung über die beiden Vorfälle – die Bombardierung von Krankenhäusern in Afghanistan und Syrien – in deutschen Medien untersucht.
Hauptbefunde
Häufigkeit und Inhalt:
In beiden Fällen wurden ähnlich häufig Überschriften gewählt, die sich konkret auf die Bombardierungen, die Opfer oder Kriegsverbrechen beziehen. Dies widerspricht der Annahme des Propagandamodells, dass es hier deutliche Unterschiede gibt.
Beispielhafte Überschriften:
Ein Beispiel, das das Propagandamodell unterstützt, findet sich in der FAZ. Für den Afghanistan-Vorfall titelte sie am 5. Oktober 2015: “Gouverneur: Krankenhaus war eine Taliban-Stellung” und am folgenden Tag: “Afghanen forderten Luftschlag an”. Diese Überschriften lenken von den Opfern ab und mindern die Verantwortung der US Air Force, indem sie den Angriff als vernünftig und nachvollziehbar darstellen.
Ergänzungen zum Verständnis
Relevanz von Überschriften:
Überschriften sind entscheidend für die erste Wahrnehmung eines Artikels. Sie prägen oft den ersten Eindruck und beeinflussen, ob der Artikel überhaupt gelesen wird. Überschriften, die Opfer und Kriegsverbrechen betonen, lenken die Aufmerksamkeit auf die humanitären Aspekte der Ereignisse.
Einfluss von redaktionellen Linien:
Die Wahl der Überschriften kann die redaktionelle Linie und die geopolitischen Einstellungen des Mediums widerspiegeln. Die FAZ-Überschriften, die den Afghanistan-Vorfall als verständlich darstellen, könnten die Tendenz des Mediums zeigen, die Handlungen der USA positiver darzustellen.
Unterschiedliche Darstellungsweisen:
Dass in beiden Fällen ähnliche Überschriften gewählt wurden, könnte darauf hinweisen, dass die Medien versucht haben, eine gewisse Objektivität zu wahren, oder dass sie sich einer ähnlichen Nachrichtenlogik bedienen, die bestimmte Schlagwörter und Themen bevorzugt.
Kritische Perspektiven:
Die Analyse zeigt, dass selbst bei ähnlichen Überschriften die subtile Sprache und die gewählten Formulierungen den Leser in eine bestimmte Richtung lenken können. Die Darstellung eines Krankenhauses als “Taliban-Stellung” etwa verändert die Wahrnehmung des Ereignisses grundlegend.
Geopolitische Neutralität:
Die beobachtete Ähnlichkeit in den Überschriften könnte auch darauf hindeuten, dass zumindest auf der oberflächlichen Ebene der Überschriften keine starke geopolitische Voreingenommenheit vorhanden ist. Dies könnte jedoch durch eine detailliertere Analyse der eigentlichen Inhalte der Artikel widerlegt werden.
Fazit
Die Untersuchung der Überschriften zeigt, dass in beiden Fällen häufig ähnliche Themen und Formulierungen verwendet wurden, was auf den ersten Blick gegen eine starke Dichotomie spricht, wie sie im Propagandamodell von Herman und Chomsky beschrieben wird. Allerdings können subtile Unterschiede in der Sprache und die Art und Weise, wie die Ereignisse kontextualisiert werden, dennoch eine signifikante Rolle spielen. Die Beispiele aus der FAZ zeigen, wie durch die Wahl der Worte die Verantwortung der USA relativiert und das Bild der Opfer verzerrt werden kann. Diese Erkenntnisse verdeutlichen die Notwendigkeit einer genauen Betrachtung und kritischen Analyse der Medienberichterstattung, um die feinen Mechanismen der Propaganda zu verstehen.
4.4 Art der Sprache
Im Unterpunkt “4.4 Art der Sprache” wird untersucht, wie die Sprache in der Berichterstattung über die beiden Vorfälle – die Bombardierung von Krankenhäusern in Afghanistan und Syrien – verwendet wird, um die Ereignisse darzustellen. Die Analyse konzentriert sich auf die Einstufung der Ereignisse als Kriegsverbrechen, die detaillierte Beschreibung der Angriffe, die medizinische Versorgungslage, die Todesfälle sowie die Erwähnung von Kindern, Vermissten oder Verletzten.
Hauptbefunde
Unterschiedliche Detailtiefe:
Bild, Welt, ZDF, Sat.1 und RTL: Diese Medien berichteten tendenziell auffälliger über die Opfer in Syrien, während sie weniger detailliert über die Opfer in Afghanistan berichteten.
FAZ, Junge Welt und Neues Deutschland: Diese Medien beschrieben die Opfer in Afghanistan detaillierter. Auffällig ist, dass die konservative FAZ in diesem Punkt ähnlich wie die linken Zeitungen Junge Welt und Neues Deutschland agierte.
Ausgewogenheit bei SZ, taz und ARD:
Die Süddeutsche Zeitung, taz und ARD verwendeten in ihrer Berichterstattung bei beiden Vorfällen eine ähnliche Sprache. Diese Ausgewogenheit widerspricht den Annahmen des Propagandamodells, das eine dichotome Darstellung erwartet.
Ergänzungen zum Verständnis
Einfluss der Sprachwahl:
Die Wahl der Sprache spielt eine wesentliche Rolle bei der Beeinflussung der Wahrnehmung der Leser. Detaillierte Beschreibungen und emotionale Sprache können Mitgefühl wecken und die Opfer als „wertvoll“ darstellen, während eine nüchterne und knappe Sprache die Ereignisse weniger dramatisch erscheinen lässt.
Konservative und linke Medien:
Die Tatsache, dass sowohl konservative (FAZ) als auch linke Medien (Junge Welt, Neues Deutschland) detailliert über die afghanischen Opfer berichten, deutet darauf hin, dass die ideologische Ausrichtung eines Mediums nicht immer den Erwartungen des Propagandamodells entspricht. Dies könnte auf spezifische redaktionelle Entscheidungen oder journalistische Standards zurückzuführen sein.
Einfluss von Leitmedien:
Leitmedien wie die Süddeutsche Zeitung, die taz und die ARD, die in beiden Fällen eine ausgewogene Sprache verwenden, könnten versuchen, objektiver zu berichten. Dies zeigt, dass es innerhalb der Medienlandschaft Unterschiede in der Berichterstattung gibt, die nicht vollständig durch das Propagandamodell erklärt werden können.
Verwendung emotionaler Elemente:
Die Erwähnung von Kindern, Vermissten oder Verletzten in Berichten über Syrien könnte darauf abzielen, die emotionale Reaktion der Leser zu verstärken und das Ereignis dramatischer darzustellen. Dies ist ein typisches Merkmal für die Darstellung von „wertvollen Opfern“.
Methodische Stärke und Limitationen:
Die Analyse der Sprache bietet eine tiefere Einsicht in die Berichterstattung und zeigt subtile Unterschiede auf. Allerdings ist die Interpretation der Sprachwahl subjektiv und könnte durch weitere qualitative und quantitative Methoden ergänzt werden, um ein umfassenderes Bild zu erhalten.
Fazit
Die Analyse der Sprache in der Berichterstattung zeigt, dass es Unterschiede in der Detailtiefe und emotionalen Darstellung der beiden Vorfälle gibt. Während einige Medien tendenziell auffälliger über die syrischen Opfer berichten, zeigen andere eine ausgewogenere Berichterstattung. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Sprache als Instrument genutzt wird, um die Wahrnehmung der Ereignisse zu beeinflussen, was die Annahmen des Propagandamodells teilweise bestätigt. Gleichzeitig zeigen die Ausnahmen, dass die mediale Landschaft komplexer ist und nicht vollständig durch das Modell erklärt werden kann. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung und weiterer Forschung zur Medienberichterstattung.
4.5 Auswahl der Quellen
Im Unterpunkt “4.5 Auswahl der Quellen” wird analysiert, welche Quellen in der Berichterstattung über die beiden Vorfälle – die Bombardierung von Krankenhäusern in Afghanistan und Syrien – verwendet wurden. Die Auswahl der Quellen spielt eine entscheidende Rolle bei der Formung der Berichterstattung und der Wahrnehmung der Ereignisse.
Hauptbefunde
Nicht-staatliche Quellen:
In den Mainstream-Medien wurden im Fall Syrien insgesamt 38 nicht-staatliche Quellen zitiert, darunter 18-mal die Organisation Ärzte ohne Grenzen und vier weitere NGOs. Neunmal wurden oppositionelle syrische Organisationen zitiert.
Im Fall Afghanistan wurden insgesamt 22 nicht-staatliche Quellen zitiert, davon 19-mal Ärzte ohne Grenzen. Nur an drei Stellen wurden Krankenhausmitarbeiter und zweimal Augenzeugen zitiert.
Die Vielfalt der nicht-staatlichen Quellen im Fall Syrien war größer als im Fall Afghanistan.
Staatliche Quellen:
Für die Berichterstattung zu Syrien wurden in den Mainstream-Medien 47 staatliche Quellen zitiert. 25 dieser Quellen kamen aus westlichen oder NATO-Staaten (Deutschland, USA, Türkei, Frankreich), die Russland stark kritisierten. Zweimal wurde die syrische Opposition zitiert, die sich ebenfalls gegen Russland aussprach.
Im Fall Afghanistan wurden 36 staatliche Quellen zitiert. 24-mal äußerten sich die US-Regierung oder das Militär selbst zu dem Vorfall. In neun Fällen wurde die afghanische Regierung zitiert, die mit den USA zusammenarbeitete. Nur dreimal kamen westliche Quellen zu Wort, die eine Untersuchung forderten.
Es gab keine Stimmen aus dem nicht-westlichen geopolitischen Spektrum im Fall Afghanistan.
Ergänzungen zum Verständnis
Bedeutung der Quellenauswahl:
Die Auswahl der Quellen beeinflusst maßgeblich die Darstellung und Interpretation der Ereignisse. Eine größere Vielfalt und Anzahl nicht-staatlicher Quellen im Fall Syrien deutet darauf hin, dass mehr kritische Perspektiven einfließen konnten, was das Bild der Ereignisse differenzierter macht.
Staatliche Quellen und geopolitische Interessen:
Die häufige Zitation staatlicher Quellen aus westlichen Ländern im Fall Syrien und die dominierende Rolle der US-Regierung und des US-Militärs im Fall Afghanistan spiegeln die geopolitischen Interessen wider. Diese Auswahl unterstützt die Darstellung der USA als friedensstiftende Macht und Russland als Aggressor.
Propagandamodell-Bestätigung:
Die Ergebnisse bestätigen die Annahmen des Propagandamodells von Herman und Chomsky, dass Medien tendenziell staatliche und wirtschaftliche Interessen reflektieren. Im Fall Syrien wird die negative Darstellung Russlands durch die häufige Zitation westlicher und oppositioneller Quellen verstärkt. Im Fall Afghanistan wird durch die Zitation hauptsächlich US-amerikanischer Quellen die Verantwortung der USA relativiert.
Einfluss von NGOs:
Die häufige Zitation von Ärzte ohne Grenzen in beiden Fällen zeigt die Bedeutung von NGOs als glaubwürdige und kritische Quellen. Diese Organisationen können ein Gegengewicht zu staatlichen Narrativen bieten, besonders in Konfliktsituationen.
Medienvielfalt und Kritische Perspektiven:
Die Einbeziehung alternativer Medien (Junge Welt und Neues Deutschland) zeigt, dass es auch innerhalb der deutschen Medienlandschaft verschiedene Perspektiven gibt. Diese Medien zitierten häufiger kritische Quellen und boten somit eine differenziertere Sichtweise auf die Ereignisse.
Einfluss auf die öffentliche Meinung:
Die Art und Weise, wie Quellen ausgewählt und zitiert werden, beeinflusst die öffentliche Meinung und das Verständnis der Ereignisse. Eine ausgewogene Quellenauswahl kann zu einer informierteren und kritischeren Öffentlichkeit beitragen.
Fazit
Die Analyse der Quellenauswahl zeigt deutliche Unterschiede in der Berichterstattung über die Vorfälle in Syrien und Afghanistan. Während im Fall Syrien eine größere Vielfalt und Anzahl nicht-staatlicher Quellen zitiert wurde, dominieren im Fall Afghanistan staatliche US-Quellen. Diese Unterschiede unterstützen die Annahmen des Propagandamodells, dass Medien tendenziell im Einklang mit den Interessen der politischen und wirtschaftlichen Eliten berichten. Die Ergebnisse verdeutlichen die Bedeutung einer kritischen und vielfältigen Quellenauswahl für eine differenzierte und ausgewogene Berichterstattung.
4.6 Einstellung zu den verantwortlichen Staaten
Im Unterpunkt “4.6 Einstellung zu den verantwortlichen Staaten” wird untersucht, wie die Berichterstattung in den deutschen Medien die Verantwortlichen für die Bombardierungen in Afghanistan und Syrien darstellt. Die Analyse konzentriert sich auf die Darstellung der USA und Russlands sowie deren Verbündete in den Berichten.
Hauptbefunde
Syrien und Russland:
In der Berichterstattung über Syrien und Russland fanden sich 35 Hinweise, die die Annahmen des Propagandamodells über die Darstellung geopolitischer Gegner bestätigen.
Mehrere Mainstream-Medien sowie das Neue Deutschland stellten Russland und Syrien als Verursacher von Gewalt und Krieg dar. Es wurde beschrieben, wie Russland und Syrien Terrorismus begünstigen.
Ein Beispiel ist ein Zitat der FAZ vom 16. Februar 2016, in dem der türkische Ministerpräsident Davutoglu Russland und den Islamischen Staat (IS) gleichermaßen für Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich macht.
USA und Deutschland:
Im Gegensatz dazu wurden die USA und Deutschland in der Syrien-Berichterstattung als Kräfte dargestellt, die Frieden nach Syrien bringen wollen. Angela Merkel wurde oft zitiert, wie sie sich für eine Flugverbotszone aussprach.
Die FAZ räumte den USA in der Berichterstattung über Afghanistan Platz für ihre Darstellung der Ereignisse ein, indem sie die Bombardierung als tragischen Fehler darstellten.
Afghanistan-Berichterstattung:
Es gab Hinweise darauf, dass Gewalt und Krieg auch von den USA ausgehen, doch diese Darstellungen waren oft implizit und nicht zentral.
Nur neun Textstellen berichteten negativ über die USA in der Afghanistan-Berichterstattung, während alternative Medien (Junge Welt und Neues Deutschland) 20 US-kritische Textstellen enthielten.
Einstellungen und Narrative:
Die Mainstream-Berichterstattung zu Syrien betonte häufig die Verantwortung und Schuld Russlands, während die Berichterstattung zu Afghanistan die Verantwortung der USA oft als Versehen oder tragischen Fehler darstellte.
Ergänzungen zum Verständnis
Einfluss der politischen Agenda:
Die Darstellung der Verantwortlichen spiegelt oft die geopolitischen Interessen der berichtenden Länder wider. Eine negative Darstellung Russlands und eine relativ positive Darstellung der USA könnten auf die engen politischen und militärischen Beziehungen Deutschlands zu den USA hinweisen.
Etablierte Narrative:
Die Unterschiede in der Darstellung der Verantwortlichen können auch auf etablierte Narrative und Vorurteile zurückzuführen sein. Russland wird oft als Aggressor dargestellt, während die USA als Verteidiger von Demokratie und Frieden gesehen werden.
Propagandamodell-Bestätigung:
Diese Ergebnisse bestätigen die Annahmen des Propagandamodells, dass Medien die Interessen der politischen und wirtschaftlichen Eliten reflektieren. Die tendenziell negative Darstellung Russlands und die relativ entschuldigende Haltung gegenüber den USA unterstützen diese These.
Kritische Berichterstattung:
Alternative Medien wie Junge Welt und Neues Deutschland bieten eine kritischere Perspektive und hinterfragen die Rolle der USA stärker. Dies zeigt, dass es innerhalb der Medienlandschaft unterschiedliche Narrative und Darstellungen gibt.
Auswirkungen auf die öffentliche Meinung:
Die Art und Weise, wie die Verantwortlichen dargestellt werden, hat erhebliche Auswirkungen auf die öffentliche Meinung. Eine ausgewogene Berichterstattung, die beide Seiten kritisch beleuchtet, könnte zu einer informierteren und differenzierteren Wahrnehmung der internationalen Ereignisse beitragen.
Fazit
Die Analyse der Einstellungen zu den verantwortlichen Staaten zeigt deutliche Unterschiede in der Berichterstattung über die Vorfälle in Syrien und Afghanistan. Während Russland und Syrien in der Berichterstattung als Verursacher von Gewalt dargestellt werden, erscheinen die USA und ihre Verbündeten oft als Friedensstifter oder als Opfer tragischer Fehler. Diese Ergebnisse unterstützen die Annahmen des Propagandamodells, dass Medien tendenziell im Einklang mit den Interessen der politischen und wirtschaftlichen Eliten berichten. Gleichzeitig verdeutlichen sie die Bedeutung kritischer Medien, die alternative Perspektiven bieten und etablierte Narrative hinterfragen.
4.7 Absicht
Im Unterpunkt “4.7 Absicht” wird untersucht, wie die Berichterstattung in deutschen Medien die Absichten der verantwortlichen Akteure bei den Bombardierungen in Afghanistan und Syrien darstellt. Dabei wird analysiert, ob den Angriffen gezielte und böswillige Absichten unterstellt werden oder ob sie als tragische Fehler dargestellt werden.
Hauptbefunde
Russisch-syrische Koalition:
Der russisch-syrischen Koalition wurde in vielen Medien böse Absicht unterstellt. Es wurde berichtet, dass es sich um gezielte Angriffe gehandelt habe und dass es eine Strategie sei, die Zivilbevölkerung anzugreifen.
Insgesamt 23 Textstellen in den Mainstream-Medien lassen auf böse Absicht bzw. Vorsatz schließen. Ein Beispiel ist ein Zitat aus der Welt vom 16. Februar 2016, in dem der Marburger Bund die Angriffe als abscheuliche Verbrechen an der Zivilbevölkerung verurteilt.
USA in Afghanistan:
Im Fall Afghanistan berichteten nur alternative Medien (Junge Welt und Neues Deutschland) sowie die taz und die FAZ über mögliche gezielte Angriffe oder böse Absicht.
Die meisten Medien berichteten lediglich über die Darstellung von Ärzte ohne Grenzen, dass die Lage des Krankenhauses bekannt gewesen sei und keine Taliban-Kämpfer anwesend waren. Trotzdem wurde der Angriff fortgesetzt, was den Leser*innen Raum für eigene Schlüsse lässt.
Insgesamt lassen sich aus zehn Textstellen eine mögliche Absicht ableiten, während 28 Textstellen auf eine andere Darstellung schließen lassen. Mehrere Medien zitierten US-Präsident Barack Obama, der von einer “Tragödie” oder einem “tragischen Vorfall” sprach, und 22 Textstellen berichteten über die Darstellung des US-Militärs, dass Taliban in der Klinik gewesen seien.
Ergänzungen zum Verständnis
Bedeutung der Darstellung der Absicht:
Die Darstellung der Absicht hinter den Angriffen beeinflusst maßgeblich, wie die Leser*innen die Ereignisse wahrnehmen. Wird böse Absicht unterstellt, erscheint der Angriff als gezieltes Kriegsverbrechen. Wird er hingegen als tragischer Fehler dargestellt, mindert dies die wahrgenommene Schuld und Verantwortung.
Einfluss von Propaganda und Bias:
Die unterschiedliche Darstellung der Absichten könnte durch bestehende Vorurteile und Propaganda beeinflusst sein. Geopolitische Interessen spielen eine Rolle bei der Frage, wem böse Absicht unterstellt wird und wem nicht.
Propagandamodell-Bestätigung:
Die Ergebnisse bestätigen die Annahmen des Propagandamodells, dass Medien die Handlungen geopolitischer Gegner kritischer darstellen und ihnen eher böse Absichten unterstellen, während die Handlungen von Verbündeten als Fehler oder Missverständnisse dargestellt werden.
Rolle der Medienvielfalt:
Alternative Medien wie Junge Welt und Neues Deutschland bieten eine kritischere Perspektive und unterstellen den USA häufiger böse Absicht. Dies zeigt, dass die mediale Landschaft vielfältiger ist und es Unterschiede in der Berichterstattung gibt.
Auswirkungen auf die öffentliche Meinung:
Die Art und Weise, wie die Absichten der verantwortlichen Akteure dargestellt werden, hat erhebliche Auswirkungen auf die öffentliche Meinung. Eine ausgewogene Berichterstattung, die beide Seiten kritisch beleuchtet, könnte zu einer informierteren und differenzierteren Wahrnehmung der internationalen Ereignisse beitragen.
Fazit
Die Analyse der Absichten zeigt, dass den Angriffen in Syrien häufiger böse Absicht unterstellt wird, während die Angriffe in Afghanistan oft als tragische Fehler dargestellt werden. Diese Ergebnisse unterstützen die Annahmen des Propagandamodells, dass Medien tendenziell im Einklang mit den Interessen der politischen und wirtschaftlichen Eliten berichten. Gleichzeitig verdeutlichen sie die Bedeutung kritischer Medien, die alternative Perspektiven bieten und etablierte Narrative hinterfragen.
4.8 Verantwortung
Im Unterpunkt “4.8 Verantwortung” wird untersucht, wie die Berichterstattung in deutschen Medien die Verantwortung für die Bombardierungen in Afghanistan und Syrien darstellt. Die Analyse fokussiert sich darauf, wie klar die Verantwortlichen benannt werden und wie die Schuldzuweisungen in den Berichten ausfallen.
Hauptbefunde
Syrien-Berichterstattung:
Alle Medien nannten Quellen, die die Verantwortung für die Bombardierungen in Syrien bei Russland und/oder Syrien sehen.
Russland wurde insgesamt 21-mal explizit als möglicher Verursacher genannt.
Vier Medien veröffentlichten auch eine Stellungnahme des syrischen Botschafters in Moskau, der die USA für verantwortlich hielt.
Sechs Medien (FAZ, taz, ND, ARD, Sat.1, ZDF) erwähnten kurz, dass Russland die Vorwürfe zurückweist, jedoch war die allgemeine Tendenz, Russland die Schuld zu geben.
Afghanistan-Berichterstattung:
Sechs Medien berichteten an insgesamt 14 Stellen, dass die USA für den Angriff auf das Krankenhaus in Afghanistan verantwortlich seien.
Die Welt, SZ, ARD und Sat.1 berichteten jedoch, dass es sich um ein Versehen des US-Militärs gehandelt habe. Die Schilderungen von Ärzte ohne Grenzen, die einen anderen Schluss nahelegen, wurden weniger prominent behandelt.
Zwei Medien äußerten, dass die Umstände noch unklar seien, und die SZ berichtete an den Folgetagen, dass ein Irrtum unwahrscheinlich sei.
Insgesamt wurde in der Afghanistan-Berichterstattung weniger direkt auf die Schuldfrage eingegangen, während die Verantwortung in der Syrien-Berichterstattung klar zugewiesen wurde.
Ergänzungen zum Verständnis
Klarheit der Schuldzuweisung:
Die Klarheit, mit der die Verantwortung benannt wird, beeinflusst maßgeblich die Wahrnehmung der Ereignisse durch die Öffentlichkeit. Eine explizite Schuldzuweisung verstärkt die negative Wahrnehmung des Verantwortlichen.
Geopolitische Interessen:
Die unterschiedliche Behandlung der Verantwortung kann durch die geopolitischen Interessen Deutschlands und seiner Verbündeten beeinflusst sein. Die klarere Schuldzuweisung an Russland spiegelt möglicherweise die geopolitische Feindseligkeit wider, während die vorsichtigere Behandlung der USA die engen politischen und militärischen Beziehungen reflektiert.
Propagandamodell-Bestätigung:
Die Ergebnisse unterstützen die Annahmen des Propagandamodells, dass Medien die Handlungen geopolitischer Gegner kritischer und eindeutiger bewerten, während die Handlungen von Verbündeten relativiert oder als Missverständnisse dargestellt werden.
Einfluss von Staatsquellen:
Die häufige Zitation staatlicher Quellen aus den USA und westlichen Ländern im Fall Afghanistan trägt dazu bei, die Verantwortung der USA als weniger gravierend darzustellen. Dies steht im Gegensatz zur Syrien-Berichterstattung, wo oppositionelle und westliche Quellen die Schuld Russlands betonen.
Bedeutung der Narrativkontrolle:
Die Kontrolle über das Narrativ und die Darstellung der Verantwortlichen spielt eine zentrale Rolle in der medialen Beeinflussung der öffentlichen Meinung. Eine ausgewogene Berichterstattung, die beide Seiten kritisch beleuchtet, könnte zu einer informierteren und differenzierteren Wahrnehmung der internationalen Ereignisse beitragen.
Fazit
Die Analyse der Verantwortung zeigt, dass die Berichterstattung über die Vorfälle in Syrien und Afghanistan unterschiedlich ausfällt. Während die Verantwortung für die Bombardierungen in Syrien klar Russland zugewiesen wird, wird die Verantwortung der USA im Fall Afghanistan oft als Versehen dargestellt oder weniger prominent thematisiert. Diese Ergebnisse unterstützen die Annahmen des Propagandamodells, dass Medien tendenziell im Einklang mit den Interessen der politischen und wirtschaftlichen Eliten berichten. Gleichzeitig verdeutlichen sie die Bedeutung kritischer Medien, die alternative Perspektiven bieten und etablierte Narrative hinterfragen.
5 Fazit
Im Abschnitt “5 Fazit” werden die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung zusammengefasst und in einen größeren Kontext gestellt. Das Fazit bietet eine kritische Reflexion über die Berichterstattung der deutschen Medien und überprüft die Anwendbarkeit des Propagandamodells auf diese.
Hauptbefunde
Unterschiede in der Darstellung von Opfern:
Es lassen sich Unterschiede in der Darstellung der Opfer von möglichen Kriegsverbrechen feststellen. Die Opfer in Syrien, die durch die russische Koalition verursacht wurden, werden tendenziell prominenter und detaillierter dargestellt als die Opfer in Afghanistan, die durch die USA verursacht wurden.
Es kann nicht bestätigt werden, dass es zu einer vollständigen Versachlichung oder Entmenschlichung der afghanischen Opfer gekommen ist. Stattdessen spielte die Abwesenheit von Merkmalen für “wertvolle Opfer” eine größere Rolle.
Mediale Unterschiede zwischen den Fällen:
Wichtige Unterschiede in der medialen Berichterstattung zu den beiden Fällen werden deutlich. Die Vielfalt der Quellen im Fall Syrien weist darauf hin, dass größere Anstrengungen unternommen wurden, um verschiedene Gesprächspartner zu finden, die die Menschenrechtsverletzungen kritisieren.
In der Berichterstattung über Syrien und Russland wird verstärkt auf westliche und oppositionelle Quellen zurückgegriffen, während im Fall Afghanistan die US-Regierung und das Militär dominieren.
Geopolitische Konstellationen:
Die Tendenz, Russland als Kriegstreiber darzustellen, während die USA und Deutschland als Friedensbringer oder Terrorismusbekämpfer erscheinen, wird belegt. Vier Medien berichten über die USA als Verursacher von Gewalt, beschreiben den Afghanistan-Vorfall jedoch als Irrtum oder Versehen.
Die Verantwortlichkeit im Fall Afghanistan wird weniger direkt angesprochen als im Fall Syrien.
Empirische Übereinstimmung:
Die Ergebnisse stimmen mit den empirischen Forschungsergebnissen von Zollmann (2017) überein, der ebenfalls zu dem Schluss kommt, dass die Medien kritischer über Menschenrechtsverletzungen geopolitischer Gegner berichten als über die eigenen bzw. die von geopolitischen Partnern.
Journalistische Sozialisation:
Krüger (2017) beschreibt, dass die meisten deutschen Journalisten mit westlichen Werten sozialisiert sind und daher eine Nähe zur USA und zur NATO aufweisen. Diese Sozialisation beeinflusst die Berichterstattung und erfordert hohe Anstrengungen, um objektiv zu berichten.
Ergänzungen zum Verständnis
Anwendbarkeit des Propagandamodells:
Das Propagandamodell von Herman und Chomsky bietet einen nützlichen Rahmen für die kritische Analyse der Medienberichterstattung. Es zeigt systematische Muster auf, die durch geopolitische Interessen und ökonomische Abhängigkeiten beeinflusst werden.
Untersuchungsgrenzen:
Die Untersuchung fokussiert sich auf einen kurzen Zeitraum und eine begrenzte Auswahl an Medien. Langfristige Trends und eine breitere Auswahl an Medien könnten weitere Einblicke bieten.
Kritische Reflexion:
Eine kritische Reflexion der Medienberichterstattung ist notwendig, um die Einflüsse und Mechanismen zu verstehen, die zu einer bias-behafteten Berichterstattung führen. Dies kann helfen, die Qualität und Objektivität der Medien zu verbessern.
Bedeutung alternativer Medien:
Alternative Medien wie Junge Welt und Neues Deutschland bieten oft kritischere Perspektiven und tragen zur Vielfalt der Medienlandschaft bei. Ihre Berichterstattung kann helfen, etablierte Narrative zu hinterfragen und ein vollständigeres Bild der Ereignisse zu zeichnen.
Einfluss von Sozialisation und Werten:
Die Sozialisation und die Werte der Journalisten beeinflussen maßgeblich, wie sie über internationale Ereignisse berichten. Ein Bewusstsein für diese Einflüsse kann zu einer bewussteren und ausgewogeneren Berichterstattung beitragen.
Fazit
Die Untersuchung zeigt, dass die deutschen Medien die Bombardierungen in Syrien und Afghanistan unterschiedlich darstellen, was die Annahmen des Propagandamodells unterstützt. Die Berichterstattung wird durch geopolitische Interessen und die Sozialisation der Journalisten beeinflusst, was zu einer kritischeren Darstellung der Gegner und einer relativierenden Darstellung der Verbündeten führt. Diese Erkenntnisse unterstreichen die Notwendigkeit einer kritischen Medienanalyse und die Bedeutung einer vielfältigen Medienlandschaft, um eine ausgewogene und objektive Berichterstattung zu gewährleisten.
Quelle
Kim Kristin Mauch: »Agieren deutsche Medien gemäß dem Propagandamodell? Das Beispiel Bombardierung von Krankenhäusern durch die USA und Russland«, erschienen in: »Ideologie, Kritik, Öffentlichkeit«, Herausgeber: Uwe Krüger, Sebastian Sevignani, Leipzig 2019, 1. Auflage, Seiten 254-268. DOI: 10.36730/ideologiekritik.2019.12
Literatur
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Krüger, Uwe. 2019. Meinungsmacht: der Einfluss von Eliten auf Leitmedien und Alpha-Journalis-ten: eine kritische Netzwerkanalyse. 2. Auflage. Köln: Herbert von Halem.
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